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Merkblatt- Beilage 59: |
Zusammengestellt für das XXV. Sommerseminar |
«Regina della sera»: XXXIIIff |
Mütterliche Gesten |
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Rudolf Steiner |
1a Dann erscheint, wie eine Art Zusammenfassung, dieses Bild, das sich dem beobachtenden Geistesblicke ergibt: Oben, gewissermaßen beleuchtet durch die Augenkraft des Uriel [a], die Taube [b]. Es ballt sich zum Bilde zusammen dasjenige, was unten silbererglänzende Bläue ist, was die Erdentiefen, verbunden mit den menschlichen Untüchtigkeiten und Fehlern darstellt, es konsolidiert sich in dem Bilde der Erdenmutter, ob Sie es nun Demeter,[c] ob Sie es Maria nennen. So daß, wenn man den Blick nach unten richtet, man eigentlich nicht anders kann, als in Imagination alle diese Geheimnisse der Tiefen zusammenzufassen als dasjenige, was die Stoffmutter alles Daseins ist, während man in dem, was sich oben konzentriert, in der fließenden Gestalt, alles das empfindet, was der Geistvater alles Daseins um uns herum ist. |
1b Und nun schaut man das Ergebnis des Zusammenwirkens des Geistvaters mit der Stoffmutter; dasjenige, was im schönsten Maße den Zusammenklang in sich trägt von Silber-Erdenwirkung und Goldes-Himmelswirkung: zwischen dem Vater und der Mutter den Sohn.[d] So daß diese Imagination der Dreifaltigkeit auftritt, welche die eigentliche Johanni-Imagination ist. Der Hintergrund ist der schaffende, schauende, mahnende Uriel. |
Dornach, 12.Okt.1923 ♀ (in «GA 229»); S.64 |
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2 Was als Geist im Innern des Menschen lebt, ist die Seele. Diese Seele kann nicht einen Gedanken für sich schaffen. Sie muß zuerst die Empfindung haben von dem Gegenstande. Dann kann sie in sich geistig den Gegenstand nachschaffen. Dann haben wir die Vorstellung in der Seele; dann kommt uns das Bewußtsein der Vorstellung. Was in der Seele lebt, können wir darstellen unter zwei Aspekten: dem Aspekt der Empfindung, der große Anreger, der große Befruchter; dann kommt das, was in der Seele aufleuchtet als Vorstellung; das ist das Ruhende in der Seele, was von außen seinen Inhalt empfängt. Die ruhende Seele, die sich befruchten läßt durch die Eindrücke aus der Welt, ist die Mutter. Die Summe der Empfindungen durch das Universum ist das Seelisch-Männliche, der Vater. Das, was sich befruchten läßt, ist das Seelisch-Weibliche, die Mutter-Seele, das Ewig-Weibliche.[e] Das, wodurch der Mensch sich selbst bewußt wird, nennt der Mystiker den Sohn.[f] |
Berlin, 29.Okt.1904 ♄ (in «GA 51»); S.203 |
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3 Aber was ist mit jener ursprünglichen Demeterkraft selber geschehen, als der Menschenleib dichter geworden ist, sich verändert hat? Nun, wenn ich einen groben Vergleich gebrauchen darf: Sie wissen alle, daß man mit dem Eis nicht dasselbe machen kann wie mit dem Wasser, weil das Eis eine andere Form des Wassers ist. So kann man auch mit dem dichteren Menschenleib nicht dasselbe machen, was man einstmals aus den Naturkräften heraus mit dem feineren Leibe hat machen können. Mit diesem hat die Demeter [Δημήτηρ] bewirken können, daß sie ihm die geistigen Kräfte, die in den Naturmitteln lagen, einflößte und dadurch die hellseherischen Kräfte entwickelte. Was ist mit den Demeterkräften geschehen dadurch, daß der menschliche Leib dichter geworden ist oder - mythologisch im Sinne der Griechen gesprochen - daß Persephone [Περσεφόνη] von Pluto [griech. Ἁίδης Hades] geraubt worden ist? Diese Demeterkräfte mußten sich auch von der menschlichen Leibesorganisation zurückziehen, mußten weniger wirksam werden; der Mensch mußte sozusagen entfernt werden von der unmittelbaren Einwirkung der Demeter, er wurde anderen Kräften unterworfen, Kräften, auf welche ich auch schon gestern hingewiesen habe. Was macht den dichteren menschlichen Leib sozusagen frisch und gesund? So wie den alten menschlichen Leib in uralten Zeiten frisch und gesund gemacht hat die Demeter, so macht den neuen Leib frisch und gesund Eros [Ἔρος], das heißt das, was in den Naturkräften durch Eros repräsentiert wird. Und wenn nicht Eros auf ihn wirkte, sondern wenn Demeter fortgewirkt hätte, würde dieser menschliche Leib durch das ganze Leben hindurch welk und runzelig sein. Die Demeterkräfte liegen nicht in den frischen, pausbackigen und rotwangigen Menschenleibern heute, sondern liegen dann im Menschenleib, wenn er die Eroskräfte aus sich ausmerzt. Das tut er, wenn er älter wird, wenn er welk und runzelig wird. Denken Sie, dieser tiefe Zug ist im Mysterium von Eleusis vorhanden. Demeter erscheint Ihnen nach dem Raub der Persephone entblößt der ursprünglichen Kräfte; sie ist verwandelt durch Hekate [Ἑκάτη], verwandelt so, daß sie nun die Welkheit bewirkenden Kräfte trägt. Und mit dem Raub der Persephone sehen wir in der Tat das Zurückziehen der Demeter von der unmittelbaren menschlichen Leibesorganisation auch im geschichtlichen Werden der Menschheit sich vollziehen. Oh, diese alten Naturwunder, sie drücken sich in den alten Göttergestalten in herrlicher Weise aus. Wenn mit dem Altern des Menschen sich Eros von ihm zurückzieht, dann beginnt wieder der Einfluß der Demeter auf die menschliche Leibesorganisation. Dann kann Demeter in gewisser Beziehung wiederum in die menschliche Leibesorganisation hinein, dann tritt, was Repräsentant der fruchtenden Keuschheit ist, gegenüber der Erosorganisation in den Vordergrund. Und auf ein tiefes Mysterium, auf ein ganz gewaltiges Mysterium im Werden des Menschen werden wir hingewiesen, wenn wir das Altern des Menschen - die Umwandlung der Eroskräfte in die Demeterkräfte - in diesem Sinne verfolgen. Solche tiefen Dinge wurden hineingeheimnißt in das eleusinische Drama. [g ...] |
München, 19.Aug.1911 ♄ (in «GA 129»; S.40f |
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4a Alle diese Gefühle waren es, die zustande brachten, daß ein ganz bestimmtes Gespräch stattgefunden hat zwischen ihm und der Persönlichkeit, die ihm Mutter geworden war. Die Mutter liebte ihn ungeheuer, und sie hatte öfters mit ihm gesprochen über all das Schöne und Große, das sich seit seinem zwölften Jahre in ihm gezeigt hatte. Ein immer intimeres, edleres, schöneres Verhältnis hatte sich herausgebildet zu dieser Stiefmutter. Aber seinen inneren Zwiespalt hatte er bisher auch dieser Mutter verschwiegen, so daß sie nur das Schöne und Große gesehen hatte. Sie hatte nur gesehen, wie er immer weiser und weiser wurde, wie er immer tiefer eindrang in die ganze Menschheitsevolution. Deshalb war von demjenigen, was wie eine Art Generalbeichte mit diesem Gespräch stattfand, vieles neu für sie, aber sie nahm es auf mit innigem, warmem Herzen. Es war in ihr wie ein unmittelbares Verstehen für seine Traurigkeit, seine Gefühlsstimmung, dessen, daß er sich zurücksehnte zu dem, was er in sich hatte vor seinem zwölften Jahre. Deshalb suchte sie ihn zu erheben und zu trösten, indem sie anfing zu sprechen von allem, was seitdem in ihm so schön und herrlich zutage getreten sei. Sie erinnerte ihn an all das, was ihr durch ihn bekanntgeworden war von der Wiedererneuerung der großen Lehren, Weisheitssprüche und Gesetzesschätze des Judentums. Was alles durch ihn zutage getreten ist, davon sprach sie mit ihm. Es wurde ihm aber nur immer schwerer ums Herz, wenn er so die Mutter sprechen hörte, so schätzend das, was er innerlich doch eigentlich als überwunden fühlte. Und endlich erwiderte er: Ja, das mag alles sein. Aber ob durch mich oder durch einen anderen heute erneuert werden können all die alten, herrlichen Weisheitsschätze des Judentums, was hätte das alles für eine Bedeutung für die Menschheit? Es ist im Grunde doch alles bedeutungslos, was in solcher Art zutage tritt. Ja, wenn es heute eine Menschheit gäbe um uns herum, die Ohren hätte, den alten Propheten noch zuzuhören, dann wäre es für diese Menschheit nützlich, wenn erneuert werden könnten die Weisheitsschätze des alten Prophetentums. Aber selbst wenn jemand so sprechen könnte, wie die alten Propheten gesprochen haben, selbst wenn Elias heute käme - so sagte Jesus von Nazareth - und unserer Menschheit verkünden wollte dasjenige, was er als Bestes erfahren hat in den Himmelsweiten: es sind ja nicht die Menschen da, die Ohren hätten zu hören die Weisheit des Elias, der älteren Propheten, auch des Moses, ja bis Abraham hinauf. Alles was diese Propheten verkündeten, wäre heute zu künden unmöglich. Ihre Worte würden ungehört im Winde verhallen! Und so ist ja alles, was ich in meiner Seele halte, wertlos. |
S.76f |
4b Und merkwürdigerweise hörte ihm die Mutter ruhig zu, wie er sprach von der Wertlosigkeit dessen, was ihr das Heiligste war. Aber sie hatte ihn innig lieb und fühlte nur ihre unendliche Liebe. Daher ging etwas über in sie von tiefem Gefühlsverständnis dessen, was er ihr zu sagen hatte. [h ...] |
S.80 |
Kristiania, 6.Okt.1913 ☽ (in «GA 148») |
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5 Was der Mensch an sich trägt als seinen physischen Leib, ist während der Zeit seines Daseins zwischen Geburt und Tod durchwoben von dem Seelischen. Jetzt, da wir in diese Epoche eingetreten, ist es sogar in besonderer Art von dem Seelischen durchwoben: das Ich und der astralische Leib tauchen vollständig in den physischen Leib unter. Und wieder, ob wir durch Feuer oder durch Beerdigung den Leichnam unseres physischen Leibes der Erde übergeben, es bedeutet das für die gegenwärtige naturwissenschaftliche Richtung [i] nichts anderes als: Dieser Leichnam besteht aus verschiedenen Substanzen, die mit dem Tode des Menschen der Erde zugefügt werden und ihren Weg gehen nach den verschiedenen Prinzipien, die man heute in der organischen und besonders in der anorganischen Chemie verfolgt. [...] Worum es sich handelt, ist vielmehr dieses: daß es wahrhaftig an diesem Menschenleibe nicht wesenlos vorübergeht, daß er von der Geburt bis zum Tode bewohnt ist von dem menschlichen Geist-Seelenwesen. Und wir übergeben der Erde unseren Leichnam in einer Form, in einer Beschaffenheit, die er nur dadurch hat bekommen können, daß er durchlebt war von der Geburt bis zum Tode von jenem Wesen, das vor der Geburt beziehungsweise vor der Empfängnis [k] in der geistigen Welt als Seelengeist des Menschen gelebt hat. Und es wäre die Erde in ihrer heutigen Entwickelung so, daß sie längst dabei wäre zu zerfallen, zu veröden, wenn sie nicht als ein Ferment, gleichgültig ob durch Beerdigung oder durch Feuer, das aufnehmen würde, was die von den Seelen allerdings verlassenen, aber bis zum Tode durchlebten Menschenleiber sind. Wenn man früher Brot gebacken hat - früher hat man es so gemacht, heute wird es ein bißchen verkünstelt -, so hat man von dem alten Brotteig etwas aufbewahrt, das man als Hefe beim nächsten Brotbacken hat zusetzen müssen; das gehörte dazu. In ähnlicher Weise würde die Erde sich nicht entwickeln können, ohne daß die menschlichen Leiber - nicht die Tierleiber - gewissermaßen als Ferment zugesetzt würden. Die machen es, daß die Erde, die längst dabei angelangt wäre, zu zerstäuben, dasjenige in ihrer Entwickelung bis zum Ende tragen wird, was in ihr ist. Der Mensch hat Anteil und hat besonders jetzt Anteil an der ganzen Erdenentwickelung. Und noch dasjenige, was wir mit unserem Tode der Erdenentwickelung übergeben, hat für sie eine Bedeutung. |
Berlin, 14.Sep.1919 ☉ (in «GA 193»; S. 149f) |
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Andere Stimmen |
Fragment 32 Wir sind auf einer Mission: zur Bildung der Erde sind wir berufen. |
Novalis |
aus «Gesammelte Werke - Zweiter Band»; S.17 |
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13 Ganz Judäa empfängt von der Wüste Juda und vom Toten Meere her seinen Charakter. Aber wenn man von Jerusalem aus, statt nach Osten über Bethanien in die Wüste hinabzuwandern, die Schritte nach Süden lenkt, so tritt man bereits in Bethlehem in eine Welt ein, die gänzlich von dem strengen judäischen Ernst freigeblieben zu sein scheint und eher etwas von der ätherisch gesegneten Helligkeit und der kosmischen Jugendlichkeit Galiläas an sich trägt. Bis in die Gegend der alten Abraham-Stadt Hebron reicht diese galiläische Insel in Judäa, und an zwei Stellen ist mit besonderer Deutlichkeit das Raunen einer nicht völlig in den Sündenfall hineingezogenen paradiesischen Sphäre zu verspüren: in Bethlehem auf dem Felde der Hirten und an der Stelle des Haines Mamre bei Hebron. Rings im Kreise sieht man die starre Mondenwelt der Wüste, die Landschaft des Sündenfalls, herandringen. Vielleicht hängt auch der Name Bethlehem [בית לחם], das Haus des Brotes, damit zusammen, daß das Städtchen auf einer Insel der Fruchtbarkeit inmitten der Wüste liegt. Es ist nicht so, als ob man in einer äußerlich greifbaren Art dort Wunder der Natur erblicken oder erleben könnte. Aber es webt eine so leicht- und frohmachende, verborgene Schönheit in allem - in Bethlehem kommt sie durch eine besondere Schönheit und kindliche Heiterkeit der Menschen heute noch zum Ausdruck -, daß man, wenn auch nicht quantitativ, so doch qualitativ ätherische Kräfte zu verspüren meint, die sich behauptet haben gegen die Weltuntergangskatastrophen, durch die ringsumher Lebendiges in Totes verzaubert worden ist. Die Natur trägt mit ihrem Weben unmittelbarer in alte Zeiten zurück, als das die bewunderungswürdigsten Baudenkmäler zu tun vermöchten. In den Hirtentälern um Bethlehem hat die Natur in ihrer Lieblichkeit etwas Seelenvoll-Liebendes und erweckt die Ahnung, daß dort eine uralte heilige Stätte der Göttin Natura, ein besonderer Spendeort der Mutter Erde gewesen sein mag. [l ] |
Emil Bock |
aus «Urgeschichte»; S.143 |
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G e d i c h t e |
14a MICHAELI-STIMMUNG |
Natur, dein mütterliches Sein, |
Ich trage es in meinem Willenswesen; |
Und meines Willens Feuermacht, |
Sie stählet meines Geistes Triebe, |
Dass sie gebären Selbstgefühl, |
Zu tragen mich in mir. |
Rudolf Steiner |
in „Anthroposophischer Seelenkalender” aus «Wahrspruchworte»; S.35 |
14b ERDENWIEGENLIED |
Wo strebst du hin, |
du schönstes meiner Kinder? |
Soll ich mich denn geschwinder |
drehn, nur weil du gierig wirst? |
Mein Stoffgefüge reicht dir nicht |
für deine hochgemuten Taten. |
Welcher Wurm hat dir geraten, |
es einzufalten in den Tod? |
Nimm mit Mass von meinem Gut! |
Was ich dir gebe, geb' ich gerne. |
Hat nicht so der Stern der Sterne |
mich gelehrt vor aller Zeit? |
Schwimme doch im Lebensstrom, |
im Gemisch aus vierlei Kräften, |
und bei all deinen Geschäften |
trage er dich hell und heil. |
Bedächtig folg' ich meinem Stern |
in stets sich weitendem Begreifen: |
mein Dasein lässt die Wesen reifen |
aus trüben Reichen hin ins Licht. |
Müd geworden ist mein Schoss - |
Dennoch will ich weiter leben, |
fördere ja jedes Streben, |
das sich regt im Erdenraum. |
Du aber trampelst hier einher |
wie ein gedankenloser Blinder! |
Ungestümstes meiner Kinder, |
wo strebst du hin? |
Johannes M. Klein |
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15a Es ist für die zukünftige Entwicklung der Menschheit entscheidend, welches Bild wir uns vom Wesen der Erde machen. Leben und schaffen wir auf einem Weltenkörper, der dem Tode verfallen ist, oder gelten unsere Gedanken und Taten einem Lebewesen, das dem ewigen Gesetz des „Stirb und Werde” zugehört? |
15b Als im 15. Jahrhundert Martin Behaim das Bild der Erde in einem Globus modellierte, nannte er sein Modell „Erdapfel”.[m] Dies Bild ist uns durch die Jahrhunderte geblieben, aber dem Menschen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts wurde von den Forschern seiner Zeit gelehrt, daß dieser Apfel schrumpft und stirbt, daß die großen Falten im Antlitz des Planeten Zeugnis seiner Kontraktion, Erstarrung, seines Zerfalls sind. [...] |
15c Doch es haben sich seit Jahrhunderten zwei Erkenntnisströmungen in der Geschichte der Menschheit entfaltet. Die eine richtete ihren Blick insbesondere auf das Einzelne, auf immer kleinere Einheiten und Bruchstücke.[n] Man sah nun im Antlitz der Erde nur noch das Ergebnis einstiger und fortdauernder Schrumpfung und Senkung, von Erosion und Verfall, und die Gedankenwelt konzentrierte sich auf die einzelnen Falten des sterbenden Gebildes. Dann ergab sich vor einem Menschenalter im Laboratorium die Entdeckung der letzten Zertrümmerung der Materie, des radioaktiven Zerfalls der Substanz. So schien sich aus diesem Forschen und Denken nur der „Zusammenbruch des Erdballs” zu bestätigen. - Die andere Erkenntnisströmung, welche das Weltbild des Altertums an der Schwelle des Mittelalters zur Neuzeit umformte, bewahrte noch in einem ihrer größten Schöpfer die Einsicht, die Kepler in seinen „Harmonices mundi”¹ den kommenden Jahrhunderten zurief: „Die Erdkugel ist ein Leib, der einem Lebewesen zugehört.” [...] |
¹ Joh. Kepler, „Harmonices mundi”, Buch IV/7; s. auch H. Knauer, «Erdenleib u. Erdenseele» „Sternkalender” 1951. |
Guenther Wachsmuth |
aus «Erde und Mensch»; S.13f |
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16 [...] Meine Antwort darauf ist, daß Gaia - bildlich gesprochen - auf die Bedeutung des einzelnen Organismus am meisten Wert legt. Es sind immer die Handlungen von Individuen, aus denen sich starke örtliche, regionale oder globale Systeme entwickeln. Wenn die Handlungsweise eines Organismus der Umgebung genauso nützt wie dem Organismus selbst, dann wird seine Ausbreitung gefördert. Der Organismus und die mit ihm zusammenhängende Veränderung der Umgebung wird schließlich auf der ganzen Erde zu finden sein. Der umgekehrte Fall gilt genauso. Jede Art, die der Umgebung Schaden zufügt, wird untergehen; das Leben aber geht weiter. Trifft das nunmehr auf die Menschen zu? Sind wir wegen unserer Zerstörung der natürlichen Welt dem Untergang geweiht? Gaia wird nichts vorsätzlich gegen den Menschen unternehmen. Doch solange wir die Umwelt weiterhin entgegen ihren Präferenzen verändern, müssen wir gewärtig sein, daß wir durch eine Art [o] ersetzt werden, die dieser Umwelt entspricht. |
James Lovelock |
aus «Das Gaia-Prinzip»; S.299 |
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17a Auch hier werden die gravierendsten Kosten der globalen Logistik von der Erdatmosphäre [Flugwesen], dem ozeanischen Ökosystem [Schifffahrt] und den schlecht bezahlten Beschäftigten [Sozialstruktur] geschultert. Das Bild, das die Unternehmen von der künstlichen Intelligenz zeichnen, spiegelt nicht die Langzeitkosten und auch nicht die lange Herkunftsgeschichte jener Materialien wider, die für den Aufbau von Recheninfrastrukturen benötigt werden - ebenso wenig wie die Energie, die für deren Betrieb erforderlich ist. Nur wenn wir diese versteckten Kosten, diese umfassenderen Zusammenhänge von Akteuren und Systemen berücksichtigen, können wir verstehen, was der Wandel hin zu einer fortschreitenden Automatisierung bedeuten wird. Dies erfordert aber, dass wir die übliche technologische Vorstellungswelt gegen den [herbeigeschwätzten] Strich denken, die völlig losgelöst von irdischen Angelegenheiten ist. So wie eine Bildersuche nach «KI», die Dutzende [irreführender] Darstellungen grell aufleuchtender Gehirne und blau leuchtender Binärcodes liefert, die im Weltraum umherschweben,[p] gibt es nämlich auch in dieser Vorstellungswelt starke Vorbehalte dagegen, sich mit den Materialitäten [und den sozialen Verwerfungen] von KI-Technologien auseinanderzusetzen. Wir hingegen beginnen mit der Erde, mit der Extraktion [von Rohstoffen wie Arbeitskraft ...] |
S.55f |
17b [...] Seltene Erden, Wasser, Kohle und Öl - der Tech-Sektor höhlt die Erde aus,[q] um seine höchst energieintensiven Infrastrukturen zu befeuern. Der Kohlenstoff-Fußabdruck der KI wird von der Branche nie im vollen Maße eingestanden oder in Rechnung gestellt, während sie zugleich ihr Netzwerk aus Rechenzentren weiter ausbaut und der Öl- und Gasindustrie dabei assistiert, die verbleibenden Reserven an fossilen Brennstoffen zu finden und auszubeuten. Die Undurchsichtigkeit der Lieferkette für Computertechnik allgemein und KI im Besonderen ist Teil des altbewährten Geschäftsmodells, Wert aus den Gemeingütern zu extrahieren und eine Haftung für die dabei entstehenden bleibenden Schäden zu vermeiden. |
S.237 |
Kate Crawford |
aus «Atlas der KI» |
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18a Was verdanken wir eigentlich am meisten der Erde? Wir verdanken der Erde, dass sie uns einen festen Halt gibt, dass wir auf ihr stehen können, dass wir uns auf ihr aufrichten können. Und das heißt, dass wir ein Ich ausbilden können. Denn das Ich hängt mit dem Aufrichten zusammen. Der Mensch ist das einzige Wesen auf der Erde, das sich dauerhaft, nicht nur vorübergehend, aufrichten kann. |
[...] |
18b Das Nächste, was ich nennen möchte, was wir der Erde verdanken, ist natürlich die Nahrung. Dieses unglaubliche Geschenk nehmen wir so auf, dass wir es in uns selbst aufnehmen. Die Nahrung teilt sich uns vollkommen mit und wir verwandeln dadurch, dass wir die Nahrung der Erde aufnehmen, ein Stück von der Erde. Wir verwandeln damit Erde und geben ihr dadurch etwas zurück, was sie uns im Schenken der Nahrung gibt. Und ich finde deswegen dieses Tischgebet, was Rudolf Steiner uns gegeben hat, was eben nicht seelisch ist, nicht nur Dankbarkeit ausdrückt, sondern der Erde zuspricht, was sie uns durch die Nahrung ist. |
[...] |
18c Und die Erde ist derjenige Planet, auf dem wir unser Ich ausbilden. Das ist unser jüngstes Wesensglied. Und das können wir nicht ohne die Hilfe der Erde. Sie ist in uns wohnhaft durch unsere Sinne. Die Ich-Organisation des Menschen wirkt durch unsere Sinne. [r ...] Es ist die Erde, das Urgesunde, das unter unseren Füßen ist und uns den Halt gibt und die Aufrichte gibt und die Sinnesorganisation stärkt und uns ja trägt und birgt und schützt. |
Mechthild Oltmann |
in »das Goetheanum« 12·2025; S.7f |
Unsere Anmerkungen |
a] אריאל siehe Mbl.13 --- zurück zur Textstelle |
b] vgl. Mbl-B.1a: Anm.3 --- zurück zur Textstelle |
c] siehe Demeter (lex.) --- zurück zur Textstelle |
d] vgl. E.Bock zu Maria u. Heiligem Geist --- zurück zur Textstelle |
e] vgl. J.W.v.Goethe in «Faust II» --- zurück zur Textstelle |
f] Die Mystikerin mag es „Tochter” nennen, insofern das Bewusstsein den Menschen trägt. --- zurück zur Textstelle |
g] vgl. J.Sijmons zur Zeitenwende in Eleusis --- zurück zur Textstelle |
h] Diese innige Verbindung wird bereits anlässlich der Hochzeit zu Kana angedeutet. --- zurück zur Textstelle |
i] welche heutzutage gerne "science" genannt wird (samt unausgesprochenem wissenschaftlichem Alleinvertretungsanspruch) --- zurück zur Textstelle |
k] Ab der Empfängnis heisst die Erde das menschliche Geistseelenwesen tastend willkommen; mit der Geburt nimmt sie es in ihren Schwerbereich auf. --- zurück zur Textstelle |
l] An vielen Stellen seines Gesamtwerks beschreibt E.Bock seine Erfahrung vom dialektischen Gegensatz zwischen Galiläa im Norden und Judäa im Süden des biblischen Landes. --- zurück zur Textstelle |
m] Martin Behaims Wortbild trifft umso eher zu, als die Arktis ozeanisch eingedellt, während die Antarktis kontinental aufgewölbt ist. --- zurück zur Textstelle |
n] bis zu Atomen, dann Quarks und schliesslich nur noch Spins (Drehimpulsen) --- zurück zur Textstelle |
o] Im Gegensatz zur reduktionistischen Naturwissenschaft verwies Rudolf Steiner darauf, dass jedes menschliche Individuum eine eigene Art darstellt. Wenn also die Arten aussterben, deren Tun dem Erdenleben zuwider läuft, wird die Menschheitsentwicklung von anders gearteten Arten fortgeführt. --- zurück zur Textstelle |
p] siehe zB. auf bing u. vgl. Mbl-B.47: Abs.3 --- zurück zur Textstelle |
q] eigentlich die Erdkruste, sodass die oberste Schutzschicht gegen das innere Erdenfeuer löchrig wird --- zurück zur Textstelle |
r] siehe Mbl.17a --- zurück zur Textstelle |
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