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Neudenken:
Kultus und Priesterweihe
Das Christusgeschehen von Palästina [a] schreitet durch die Weltgeschichte im strengen Formenleib des Kultus. Aber gerade aus dem Stein der Objektivität wird der religiöse Funke geschlagen und an der göttlichen Notwendigkeit wird menschliche Freiheit entzündet.
[...] Das Sakrament der Priesterweihe stellt [sich] ganz real in den mystischen Strom hinein. Das Anlegen der Priestergewänder, die Salbung mit dem Weiheöl ist mehr als „nur symbolisch”, ist der Formenleib eines geistigen Vorganges. So warf Elias seinen Mantel über Elisa.[b] - Der Weihende zelebriert mit Kelch und Brot [c] den Umgang um die versammelte Priesterschaft. Der Neuaufgenommene weiß sich innerhalb eines goldenen Ringes durch diesen Umgang. Er steht nun innerhalb des Bereiches, wo das Geschenk des neuen Priestertums bewahrt wird. - Die Priesterweihe ist dem Altarsakrament eingegliedert. Priestertum entsteht vor dem Altar.[d ...]
Hineingestellt in den mystischen Strom, wird der Neugeweihte ein Diener am Formenleibe für das Christuswirken auf Erden, der dem geistigen Inhalte, so gut er es vermag, eine beseelte Hülle bereitet. Das Mysterium von Golgatha [a] wird durch die Altarhandlung lebendige Gegenwart. Aber auch die Zukunft ragt herein. Indem der Priester am Altar das Urbild aufleuchten läßt des durchchristeten Menschen, in dessen Herzen sich das Christusopfer neu belebt, stellt er eine apokalyptische Schau vor die Gemeinde hin. Im Altargeschehen ragt etwas vom himmlischen Jerusalem in die Gegenwart herein. Der kultische Raum, in dem alles Äußere zum Gleichnis erlöst ist, bedeutet innerhalb des heutigen Daseins so etwas wie eine Keimzelle. Dies hereinragende Stück Zukunft läßt uns die Spannung zwischen christlichem Weiheziel und sündiger Gegenwart empfinden. Ohne solche Spannung zwischen „geweiht” und „profan” versandet das innere Streben. Zerstört man das apokalyptische Bild des Priesters am Altar, so führt man dadurch nicht das allgemeine Priestertum der Gläubigen herbei, sondern man beschwört die Gefahr des allgemeinen Laientums herauf.
Darum steht das Priestertum, wie es in der Christengemeinschaft lebt, nicht im Widerspruch zu dem Gedanken vom allgemeinen Priestertum. Aber dieses allgemeine Priestertum will als etwas Werdendes begriffen sein. „Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden” (1.Joh.3, 2). Noch Unendliches ist zu erringen und zu erkämpfen, bis das „Christus in mir”[e] und damit das Priestertum der Gläubigen völlig verwirklicht sein wird. Nichts kann uns aber das „Werde, der du bist!” wirksamer zurufen als das Zukunft-offenbarende Wirken des Priesters am Altar. [...]
Rudolf Frieling
aus «Die sieben Sakramente»; S.73ff
Unsere Anmerkungen
a] vgl. Mbl.26
b] vgl. 1Reg.19,19
c] vgl. Gen.14,18 u. «FH 108»; S.106
d] Emil Bock beschreibt in «Moses und sein Zeitalter» (S.125), wie „Moses auf dem Berge in das urbildliche Anschauen des kosmisch-übersinnlichen Kultus versunken ist, den er in die Formenwelt des irdischen Priestertums zu übersetzen hat”. Und Bastian Baan schreibt in «Alte und neue Mysterien»: „Der Anknüpfungspunkt für die Einweihung ist die urreligiöse Erfahrung von Tod und Auferstehung. Oder – wenn wir sie in ganz bescheidener Weise durchmachen - von Niederfallen und Aufstehen. In diesen beiden Bewegungen liegt eigentlich alles, was mit der Einweihungserfahrung verbunden ist: die Dimension der Tiefe und die der Höhe. Vielleicht müsste man sogar sagen: Ein Mensch kann eigentlich nicht gut stehen, wenn er nicht auch knien gelernt hat, und er kann nicht gut knien, wenn er sich nicht auch aufrichten kann.”
e] vgl. Mbl.27
https://wfgw.diemorgengab.at/tzn201009.htm