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Text zum Neudenken: |
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Drachen-Imagination | ||
1 So sind die unendlich vielen Bilder von Michaels Kampf mit dem Drachen, die die europäische Ikonographie durchziehen, unendlich vielfältige Versinnlichungen eines rein Geistigen, einer Ur-Imagination [a]. Das ist das erste. | ||
2 Und ein Zweites kommt hinzu. Rudolf Steiner sagt, indem er anhand dieser Imagination - Michael, den Drachen besiegend - über das Wesen von Imaginationen überhaupt spricht: Solche großen Imaginationen - ich benutze das Wort Ur-Imagination wie man das Wort Urbild [b] benutzt - enthalten immer ein Doppeltes. Einmal trifft das Bild für einen Vorgang oder für Vorgänge zu, die in der Evolution geschehen sind: So war es, so stellt es sich im Bilde dar. Und ein zweites Mal beschreibt dieselbe Imagination etwas, was - vor allen Dingen in der menschlichen Entwicklung - erst geschehen soll: So wird es in Zukunft sein. Und immer vollzieht sich dabei ein geheimnisvoller Übergang: Was die Götter geschaffen haben, was im Kosmos und in der Erde lebte und sich in solchen Imaginationen in der Gegenwart abspiegelt, soll im Werden der Evolution wieder durch den Menschen aus Freiheit geschehen. | ||
3 Wenn wir uns diese Ur-Imagination als Meditation anschauen, so enthält sie drei große Elemente: Michael, das Besiegen oder Unter-die-Füße-Treten und den Drachen. [...] Das fängt mit dem Bild und Begriff Michael [c] an. Es ist eine der allerschwierigsten hierarchischen Erscheinungen überhaupt! Es ist richtig zu sagen: Er ist der Erzengel der Sonne. Gleichzeitig hören wir im esoterischen Christentum und auch bei Rudolf Steiner geheimnisvoll zwischen den Zeilen: Er ist das Urbild aller Engel. [...] In der äußeren Ikonographie ist er im Mittelalter sehr oft mit der Christus-Wesenheit gleichgesetzt worden - «Michael, unser Herre Christ!». [...] Ja, man sprach davon, daß Michael nichts anderes als die Form ist, in der Christus erscheint, wenn er sich der Erde zuwendet. Als eine vielleicht nicht ganz verstandene Imagination lebt das unter uns: Michael ist das Antlitz [d] des Christus. [...] - Doch wenden wir zunächst den Blick auf den dritten Teil dieser großen Imagination, auf den Drachen, der bei Rudolf Steiner eine eigene Behandlung erfährt. [...] | ||
4 Dieser Drache ist ja in der außer- und vorchristlichen Welt ein uraltes Symbol.[e] In unendlicher Fülle über die ganze Erde hin ist der Drache vertreten. [...] Und doch - wenn man sich nur ein wenig mit dieser Fülle beschäftigt, sieht man, daß sich die unendliche Vielfalt in zwei großen Komponenten zusammenzieht. | ||
5 In allen Kulturen war der Drache immer Ausdruck für zwei Dinge. Einmal für das Chaos [f] als Gegensatz zu dem, was Ordnung, Schmuck der Welt, Kosmos ist. Das ist der negative Aspekt. Und immer in all diesen genannten Kulturen ist der Drache bis heute Ausdruck für die Weisheit. Das ist der positive Aspekt. Je nach Kultur vermischt sich das, ist der Drache einmal chaosbetonter Gegner aller Ordnung, einmal mehr Weisheitsträger, dem Menschen nahe. | ||
S46ff | ||
6 [...] Wenn wir uns ein Bild des niederen Menschen machen wollen, so hat er Drachengestalt. Der niedere Mensch, der wir doch noch zumeist sind, lebt in uns als Drache. Drachengestalt hat «Kama [Begierde]»; dies ist auch ein [theosophischer] Ausdruck, den Rudolf Steiner noch aufgreift. Das Kama ist das, was man im Kamaloka loswerden muß. Alle ungereinigte Astralität hat Drachenform. Die Menschheit setzt ununterbrochen astrale Drachenformenduplikate aus sich heraus. | ||
7 Es wird uns nun nicht wundern, in einer dritten Blickrichtung zu hören, daß auf dem Schulungsweg der Doppelgänger [g], der kleine Hüter der Schwelle, als Drache erscheint. In Reptilienform, unterschiedlich geformt, tritt er uns als Drache entgegen. [...] Es kann kein Erleben der Schwelle geben, bevor der Mensch sich selbst nicht als den Drachen erkennt. | ||
S.53f | ||
Manfred Schmidt-Brabant | ||
aus «Michael-Gedanken und Drachenkräfte» | ||
Unsere Anmerkungen | ||
a] siehe Mbl-B.33a | ||
b] vgl. R.Steiner zur Urbilderwelt | ||
c] siehe Mbl.13 | ||
d] vgl. Ch.Gruwez zu Antlitz u. Maske | ||
e] siehe Mbl-B.29 u. in weiterer Folge Mbl.16 | ||
f] vgl. Mbl-B.48 | ||
g] siehe Mbl-B.45 | ||
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