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| Text zum Neudenken: |
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| ER als SIE | |
| Da nochmals setzte Joseph an und sprach zu sich, als antwortete er, Joseph, dem Anderen, dem Gott seiner Väter: | |
| Austauschbar bin ich, sagst Du. | |
| Aber Du läßt nicht von mir. | |
| Machtlos bin ich, ich weiß es. | |
| Aber mächtig bist Du in mir. | |
| Denn Du fährst in mich mit Macht und läßt nichts verweigern Dir und durchkreuzt meinen Weg. | |
| [... [a] | |
| Wer war das? | |
| Sage mir den, auf den Du da deutest![b] | |
| Denn so durchkreuzt hast Du viele. Aber sie sehen nicht, Wer ihnen geschieht. | |
| Sage mir, wer redet mit Dir und nennt keinen andern und tauscht Dich nicht aus, weil er weiß, Wer ihm geschieht? | |
| Da kam über Joseph, als er so sprach bei sich, STIMME.[c] | |
| Die antwortete, sprechend: | |
| Du bist es. Dich wählte ich. | |
| Noch im Anfang: mit dem Schatten des Vogels hab ich gedeutet auf dich. | |
| Ließ hinfliegen über dich seine Augenpracht.[d] | |
| Und lenkte dein Auge hinüber, zurück in den Garten des Anfangs. | |
| Fing dich ein, fing dich an. Da war's Anfang. | |
| Hinaufstieg ich mit dir und sah's. | |
| Da war ich durch deine Augen besehen. | |
| Denn keinen anderen will ich im Tausch, als den, den ich mir erwählte zum Liebsten. | |
| So sprach ER,[e] Gott, und Seine Stimme war die einer Frau,[f] die zu Joseph gesprochen.[g] | |
| Patrick Roth | |
| aus «SUNRISE»; S.353f | |
| Unsere Anmerkungen | |
| a] Hier zählt der Sprecher langwierig seine unglaublich harten Lebensprüfungen auf, indem er immer wieder fragt: „Wer war's, der ...”. | |
| b] die alte Frage nach sich selbst | |
| c] eine Innenerfahrung des göttlichen Worts wie zB. auch in Lessings «Nathan der Weise» oder in Bubers «Ich und Du» | |
| d] die eines Pfaus, der sich über Joseph zu Beginn seines Leidenswegs in einem Gartenbaum niedergelassen hatte | |
| e] Diese Ausdrucksweise ähnelt stark der, die Martin Buber in seiner Bibelübersetzung (vgl. zB. Gen.17,1) anwandte. | |
| f] vgl. «EL»: Abs.933} (obschon C.G.Jung hier von einer Anima-Projektion gesprochen hätte, also vom Werfen weiblicher Seelenanteile aufs Gottesbild) | |
| g] Im Gegenklang zu diesem alttestamentarischen Tonfall bringt etwa der Ton in Goethes Fragment Die Geheimnisse das Einweihungsmotiv auf mittelalterliche Weise. Beiden Texten ist die Verknüpfung von inspirativen (vgl. Mbl-B.33b) und intuitiven (vgl. Mbl-B.33c) Elementen auf imaginativer (vgl. Mbl-B.33a) Grundlage eigen. | |
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| red.11.XII.2012 - WfGW, 1220 Wien / AT | |
| https://wfgw.diemorgengab.at/tzn201212.htm | |