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Zitatensammlung
Teil 2
Zitat von Hermann PFROGNER zu
PLANETEN- und TONORDNUNG
1 Noch interessanter für uns ist die - um gleich in Ägypten zu bleiben - von Ptolemaios mitgeteilte wohlbekannte zweite Planetenordnung:
Saturn - Jupiter - Mars - Sonne - Venus - Merkur - Mond
da zu dieser auch spätgriechische Tonordnungen überliefert sind. Eigenartigerweise bezeichnet Ptolemaios diese von ihm vertretene Planetenordnung als älter als die zuvor angegebene, doch weiß er ihre Herkunft nicht zu nennen¹⁸⁶. Auch diese Planetenordnung war in Mesopotamien bekannt, wie der Tempelturm von Borsippa (später Birs-Nimrud genannte), der Schwesterstadt von Babylon erweist¹⁸⁷. Der Name dieses Turmes E-ur-imin-an-ki ist verschiedentlich übersetzt worden: »Tempel der sieben Befehlshaber oder Befehlsübermittler Himmels und der Erde«, »Tempel der sieben Abteilungen (Sphären) Himmels und der Erde« und auch »Tempel der sieben Planeten«¹⁸⁸. Anscheinend ist die erstgenannte Übersetzung die zunächst zutreffende¹⁸⁹, da man offenbar erst später, nach gründlicher Erneuerung des Baues durch Nebukadnezar II¹⁹° unter den kosmischen »Befehlshabern« auch die Planeten verstand. Dies bestätigt die am Turm noch spärlich feststellbare Farbenfolge¹⁹¹:
schwarz - hellrot - purpurn - golden - weiß - blau - silbern
die wir als der Planetenreihe Saturn - Jupiter - Mars - Sonne - Venus - Merkur - Mond zugehörig auch anderwärts noch in späteren Zeiten bezeugt ist, so beim Palast des Sassanidenherrschers Bahram Gor, der der obigen Planetenordnung geweiht und mit diesen Farben geschmückt war, oder sogar noch in dem auf Quellen des 11.-13. Jahrhunderts fußenden Sammelwerk Dabistān ul-Madahâb persischen Ursprungs¹⁹². (Nur die Silberfarbe ist hier durch die grüne Farbe ersetzt, da man dem Mond neben Silber auch Krystall oder Glas zuwies, das urprünglich als Rohglas stets grün war.¹⁹³)
2 Wir sind hier alles eher als zufällig auf iranischen Boden geraten, denn hier findet sich in der Tat auch das für weit zurückliegende Zeiten anzusetzende, mythologische Modell der zweiten, vom Ptolemaios als älter bezeichneten Planetenordnung, und zwar in Gestalt eines hohen Lichtwesens als Mittelpunkt einer heiligen Siebenheit. Es ist Ahura mazdao auf seinem Weltenthron, umringt von sechs Amesha Spentas, den »Unsterblich-Wohltätigen«¹⁹⁴. Diese Amesha Spentas oder Amshaspands sind aus Ahura mazdao hervorgegangen, sie sind selbständige Götter, zugleich jedoch auch Aspekte von ihm, sie umgeben ihn und machen die Fülle seines Wesens aus¹⁹⁵. Ahura mazdaos Auge ist die Sonne,[a] das Firmament hat er als Herrschermantel umgetan, die Wandelsterne sind seine Späher¹⁹⁶. Der «Bundahishn» (= »die ursprüngliche Schöpfung«), eine aus der Sassanidenzeit stammende Kompilation mythischer Traditionen, von der Erschaffung der Welt bis zum jüngsten Gericht, gruppiert die Amesha Spentas zu je drei und drei rechts und links vom Thron Ahura mazdaos¹⁹⁷:
Ahura mazdao
/ \
Vohu Manah
(»guter Gedanke«)
Spenta Armaiti
(»freigebige Hingebung«)
| |
Asha Vahishta
(»beste Redlichkeit«)
Haurvatat
(»Vollkommenheit«,
»Inbegriff der Heilsamkeit«)
| |
Khashathra Vairya
(»wünschenswerte Herrschaft«)
Ameretat
(»Todlosigkeit«)
3 Jeder Amesha Spenta hat sein Emblem¹⁹⁸:
Vohu Manah
Asha Vahishta
Khashathra Vairya
Spenta Armaiti
Haurvatat
Ameretat
- Rind
- Feuer
- Metall
- Erde
- Wasser
- Pflanze
4 Diese ausschließlich der Landbestellung angehörenden Embleme¹⁹⁹ gemahnen an die Zeit des »Clans des göttlichen Landmanns« Schen Nung in China. Für den analogen Zeitraum wird von Eudoxos von Knidos, einem Freund Platos, das Wirken des ersten Zarathustra (nämlich 6000 Jahre vor Plato) anberaumt²°°, der im alten Iran die Verehrung Ahura mazdaos begründete²°¹. Hermadoros und Theopomp von Chios nehmen an, daß dieser erste Zarathustra 5000 Jahre vor dem Trojanischen Krieg gelebt habe²°². Hier wäre also das - wie gesagt - mythologische Vorbild der die Sonne in die Mitte nehmenden Planetenordnung zu suchen²°³. Zur Sechsheit der Amshaspands sei noch bemerkt, daß nach altiranischer Überlieferung, wie auch Plutarch²°⁴ zu berichten weiß, aus dem bösen Prinzip Angra Manyu (Ahriman) sechs weitere »dunkle« Amshaspands hervorgehen, die deren Gesamtzahl zur Zwölfheit ergänzen²°⁵. Schon daraus erhellt, daß jede Annahme verfehlt wäre, die Amshaspands mit Planetengottheiten gleichzusetzen. In den letzten vorchristlichen Jahrhunderten verbreitete sich diese noch Plato unbekannte Planetenordnung rasch über den Mittelmeerraum. Als ihre ersten griechischen Anhänger werden Archimedes sowie Aratos von Soli genannt²°⁶. Ptolemaios verschaffte ihr dann allgemeine abendländische Anerkennung. Es ist nicht unwichtig zu beachten, daß Ptolemaios seinerseits die noch richtige Auffassung vertritt, wonach Venus, nicht aber Merkur der Sonne zunächst steht, was schon im Altertum häufig verwechselt wurde²°⁷.
5 Nun kommen wir zu den Beziehungen zwischen den Planeten, Tonwerten und Tonstufen. Daß diese Beziehungen nur allzufrüh Gegenstand ausgiebiger und wenig glaubwürdiger Spekulation wurden, ist fast selbstverständlich. Der Ausgangspunkt an sich ist unanfechtbar²°⁸: der Mensch ist ein Abbild des Kosmos und somit auch ein Abbild der Planetenordnung, anderseits ist aber auch die Tonordnung ein Abbild des Menschen, also muß die Tonordnung gleichfalls ein Abbild der Planetenordnung sein²°⁹, die wiederum in Bezug steht zu allen zeitorientierten Siebenheiten. (Wir haben die Siebenzahl als Zeitmesser ja gerade bei den Babyloniern kennengelernt.) Da Musik ihrerseits gleich dem Menschen in der Zeit lebt, lag hier von vorneherein nahe, nach Entsprechungen zur planetarischen Siebenheit zu suchen.
6 Damit war aber gleich ein Warnungszeichen aufgerichtet, das schon in der Antike bald nicht mehr beachtet wurde: es gilt, der kosmischen Siebenheit eine irdische Siebenheit gegenüberzustellen. Nur eine »Heptas« von Tönen also bietet einen angemessenen Ansatzpunkt, jeder weitere Ton beschwört hier Unstimmigkeiten herauf, geschweige denn das vollausgebildete zweioktavige »größere System«, oder gar das »größte unveränderliche System« unter Einschluß des chromatischen und enharmonischen Tongeschlechts. Nicomachos von Gerasa erklärt deshalb zurecht, daß man, indem das Tonsystem von der »Leier des Orpheus«, also einem streng siebenstufigen diatonischen Gebilde, bis zum kompletten dreigeschlechtigen »größten unveränderlichen System« mit seinen insgesamt 28 Stufen²¹° gebracht wurde, von der ursprünglichen Planetenharmonie abgekommen sei²¹¹. [...]
[...]
7 Richtig verstanden, kann es bei der Bezugnahme von Planeten- und Tonordnung ja nicht darum gehen, daß ein Planet auf seiner Bahn mit einem noch dazu physisch registrierbaren Ton erklinge oder dabei eine bestimmte Tonstufe einhalte, sondern daß hinter der von uns gehandhabten Siebentonordnung in gewisser Weise die Wirksamkeit der Planeten steht.
S.129ff
8 Kelsos berichtet bei Origines²²⁶ über die Mithras-Mysterien. Mithras - der Name bedeutete ursprünglich »Licht« -, eine persische Sonnengottheit, von Ahura Mazdao geschaffen, galt als Erneuerer des Lebens und Besieger des Todes²²⁷. Es wird nun geschildert, daß der in die Mysterien einzuweihende Initiant sieben Tore zu durchschreiten hatte, die den Planeten geweiht und mit ihren Metallen geschmückt waren. In den Schöpfungstagen hatte einstmals der göttliche Urmesch - wie der sehr alte avestische «Damdad-Nask» zu melden weiß - den himmlischen Urstoff, der als Metall in den einzelnen Planetensphären liegt, vom Lichtschöpfer der Planeten empfangen und, durch die sieben Sphären herabkommend, in die sinnliche Materie gebracht²²⁸. Diesen Weg in die göttliche Lichtheimat hatte der Initiant nunmehr zurückzuschreiten. Vor dem Durchgang durch jedes einzelne Tor hatte er dabei ein Gewandstück abzulegen - man erinnert sich an die babylonische Ištar [b], die bei ihrem Gang durch die sieben Tore der Unterwelt gleichermaßen verfahren muß -, bis er schließlich vor dem siebenten Tor als ein neuer Mensch, ein »neuer Adam« stand. Ein achtes Tor durchschritt der Initiant zu Lebzeiten nicht. Doch wurde ihm bedeutet, daß er dereinst im Tode durch das achte Tor zu letztgöttlicher Verklärung gelangen werde²²⁹. Die Reihenfolge der sieben Planetentore wird nun durch Kelsos folgendermaßen angegeben: Saturn - Venus - Jupiter - Merkur - Mars - Mond - Sonne. Man sieht: dieser Aufzählung der Planeten entspricht die umgekehrte Reihenfolge der [den Planeten zugeordneten] Wochentage, man hatte gewissermaßen von Samstag aus die Wochentage über Freitag, Donnerstag, Mittwoch, Dienstag, Montag bis Sonntag zurückzugehen und damit den voranschreitenden Zeitenlauf aufzuheben.
9 Nun waren die Planetentore in dieser Reihenfolge aber nicht nur mit ihren Metallen geziert, sondern auch musikalisch determiniert, wie berichtet wird²³°. Leider erfahren wir von Kelsos darüber nichts Näheres, aber es ist doch sehr wahrscheinlich, daß es sich, wie auch sonst in der Antike weitverbreitet, um Töne gehandelt hat. Wenn wir den Rückweg durch die Wochentage in Tönen antreten, ergibt sich uns bei richtiger Ansetzung der Tonzuordnungen:
G - F - E - D - C - H - A
Saturn - Venus - Jupiter - Merkur - Mars - Mond - Sonne
10 Dem Rückweg entspricht dann eine absteigende Siebentonreihe, deren Richtung zudem dem Weg nach innen, den der Initiant zurückzulegen hatte, Rechnung trägt. [...]
S.138f
¹⁸⁶ Ptolemaios, Almagest, IX/1; C. Jan[: Die Harmonie der Sphären, in: Philologus 1893], S. 18, dazu R. Steiner, 110/15.4.1909, S. 95 ff.
¹⁸⁷ A. Jeremias[: Handbuch der altorientalischen Geisteskultur, Leipzig 1913], S.81
¹⁸⁸ J.Hehn[: Siebenzahl und Sabbat, Leipzig 1907], S. 10
¹⁸⁹ ebendort, S. 11
¹⁹° E. O. v. Lippmann[: Entstehung und Ausbreitung der Alchemie, Berlin 1919], S. 165
¹⁹¹ A. Jeremias, S. 86; E. O. v. Lippmann, S. 170
¹⁹² A. Jeremias, S. 86
¹⁹³ E. O. v. Lippmann, S. 217
¹⁹⁴ G. Widengren: Die Religionen Irans, Stuttgart 1965, S. 79
¹⁹⁵ G. Widengren: Iranische Geisteswelt, Baden-Baden 1961, S. 146
¹⁹⁶ G. Widengren: Die Religionen Irans, S. 16
¹⁹⁷ Geiger und Kuhn: Grundriß der iranischen Philologie, Straßburg 1896/1904, II/S. 635
¹⁹⁸ G. Widengren: Die Religionen Irans, S. 79
¹⁹⁹ Diese Embleme verweisen auf die von Rudolf Steiner so benannte 2. nachatlantische Kulturperiode, die im Laufe des 6. Jahrtausends beginnt. [vgl. Mbl.7]
²°° H. S. Nyberg[: Die Religionen des alten Iran, Leipzig 1938], S. 27, 392
²°¹ R. Steiner, 126/27.8.1909, S. 106
²°² G. Widengren: Die Religionen Irans, S. 16
²°³ Zum astronnomischen Vorbild dieser Planetenordnung s. R. Steiner, 110/15.4.1909, S. 97
²°⁴ Plutarch, de Is[ide] et Osir[ide], cap. 46/47
²°⁵ R. Steiner, 126/31.12.1910, S. 92
²°⁶ C. Jan, S. 25
²°⁷ ebendort, S. 14
²°⁸ Aristides Quint., I/7-9; R. Schäfke[: Geschichte der Musikästhetik, Berlin 1937], S. 40
²°⁹ Zur auch heute gültigen Relevanz der prolemäischen Planetenordnung inbezug auf den Menschen s. R. Steiner, 110/15.4.1909, S. 97
²¹° Nicomachos, excerpta, p. 35
²¹¹ ebendort, pag. 36, 37
S.642
²²⁶ Hofstätter/Pixa: Vergleichende Weltgeschichte, Baden-Baden 1962, V/S. 166
²²⁷ R.Reitzenstein: Die hellenistischen Mysterienreligionen, Leipzig 1927, S. 226; vgl. auch R. Steiner, 216/16.9.1922, S. 15, 20, 23
²²⁸ F. C. Endres[: Die Zahl in Mystik und Glauben der Naturvölker, Zürich 1935], S. 123
²²⁹ A. Jeremias, S. 229
²³° Kelsos gibt als Metalle an: Saturn (Blei), Jupiter (Bronze), Mars (Mischmetall), Sonne (Gold), Venus (Zinn), Merkur (Eisen), Mond (Silber).
Der Astronom Vettius Valens überliefert folgende Zuordnung: Saturn (Blei), Jupiter (Zinn), Mars (Eisen), Sonne (Gold), Venus (Kupfer), Merkur (1. Elektron = hellgelbe Goldsilberlegierung mit mehr als 20% Silber, die in der Natur vorkommt, 2. Quecksilber), Mond (Silber). R. Steiner nennt als Planetenmetalle Saturn (Blei), Jupiter (Zinn), Mars (Eisen), Sonne (Gold), Venus (Kupfer), Merkur (Quecksilber), Mond (Silber).
S.644
aus «Lebendige Tonwelt»
a] vgl.
b] besser noch an die sumerische Inanna
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit000050129.htm