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Neudenken:
Doppelbedeutung
1 In dem letzten Buch des Neuen Testamentes, in der Offenbarung des Johannes, erscheint am Beginn des 5. Kapitels inmitten einer großen Imagination [a] das übersinnliche Bild eines Buches. Dieses ist innen und außen beschrieben (esothen kai opisthen), das heißt, sein Inhalt hat eine verborgen wirkende, »esoterische« Innenseite und eine erscheinende, bewirkte Außenseite. Gleichzeitig ist es mit sieben Siegeln versiegelt. Von einem »starken Engel« geht die Frage aus: »Wer ist fähig (würdig), das Buch zu öffnen und seine Siegel aufzulösen?«
[Zitat Apk.5,1-14]
2 Dieses Motiv gilt im Grunde für das ganze Buch der Apokalypse; denn ihr Inhalt besteht, abgesehen von den beiden Sätzen (Kap. 1, Verse 9 und 10), in denen Johannes von seiner irdischen Existenz auf Patmos [b] an einem Sonntag (Tag des Herrn) spricht, von Anfang bis Ende aus übersinnlichen Bildern und Worten. Diese Bilder entnehmen zwar ihren Bild-Gehalt und ihre Wort-Gestalt aus dem irdisch Sinnenhaften, haben also eine »Außenseite«, ihre Wirklichkeit aber, die Innenseite, gehört einer rein übersinnlichen, ätherisch-seelisch-geistigen Welt an. Das ist nicht Bild, sondern waltende Wirklichkeit im Bild. Die übersinnlichen Welten erscheinen dem Seher gehüllt in Bildelemente der Sinneswelt. Das hat viele Menschen verführt, die Offenbarung direkt auf die sinnliche Welt zu beziehen,[c] was aber methodisch falsch ist. Man muß vielmehr umgekehrt das seelisch-geistig Wesenhafte der Erscheinungen der Sinneswelt zuerst in ihren Bildern, Erscheinungen, Gebärden selbst aufsuchen, ihre Erscheinungen auf ihr übersinnliches Wesen zurückführen und so durch das übersinnliche Wesen der sinnlichen Welt den Inhalt der Imaginationen, Inspirationen [d] und Intuitionen [e] der Apokalypse entsiegeln. Die durchgeistigte Sinneswelt entsiegelt die durchbilderte Geisteswelt.
3 Ein solches Unterfangen wird jedoch immer noch unbefriedigend bleiben, weil in den Bildern der Apokalypse Taten sichtbar werden, die auf Wesenheiten der geistigen Welt zurückgehen. Diese erscheinen zwar auch immer in der Apokalypse, sie können aber in ihrem eigentlichen Dasein nur in einer übersinnlichen Forschung und Erkenntnis zugänglich und verständlich sein. So wären wir ohne die Forschungen Rudolf Steiners nicht in der Lage, verständnisvoll in den Bildern der Offenbarung zu lesen. [...] Andererseits ist es notwendig, sich mit den Motiven und Gestaltelementen der Offenbarung selbst vertraut zu machen, um wiederum der Geistesforschung verständnisvoll zu begegnen. Die Offenbarungen sind bis zu einem gewissen Grade optisch-malerische Gemälde, ihr innerer Zusammenhang ist ein musikalischer, symphonischer, der sich in Zahlengeheimnissen zum Ausdruck bringt. Geistig-Räumliches offenbart sich in den Bildern, Geistig-Zeitliches in den Zahlen.[f] So ist die Apokalypse Vergangenheitsoffenbarung, Gegenwartswirken und Zukunftsschau. Kompositorisch erscheint in den Bildern als erstes die Zahl Sieben, die Zahl der Bewegung, des Werdens, der Zeiten und Zeitenkreise. In ihr ist immer ein Beginn, ein Aufstieg oder Abstieg in einer Evolution bis zum Höhe- oder Tiefpunkt, und dann ein Abstieg oder Aufstieg bis zu einem Abschluß der Involution. Was in den sieben Sendschreiben der Kapitel 2 und 3 mehr als innerlich Werdendes lebt, kommt in den sieben Siegeln, den sieben Posaunen und den sieben Zornesschalen als weltschaffende, weltverwandelnde, weltvernichtende und welterneuernde Dramatik in Erscheinung.
Friedrich Benesch
aus «Apokalypse»; S.19ff
Unsere Anmerkungen
a] vgl. Mbl-B.33a
b] Patmos ist eine Insel der Dodekanen in der Ägäis.
c] vgl. E.Bock zu Apokalypse u. Paulus-Briefen und als Beispiel B.J.Philberth in seinem Werk «Christliche Prophetie und Nuklearenergie»
d] vgl. Mbl-B.33b
e] vgl. Mbl-B.33c
f] siehe Zeit und Raum
https://wfgw.diemorgengab.at/tzn202301.htm