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Zitatensammlung
Teil 2
Zitate zu den
AUTOIMMUNERKRANKUNGEN
1 SOLDNER [...] Heute rechnen wir Rheuma auch zu den Erkrankungen, bei denen eine Art selbstzerstörerische entzündliche Aktivität vorliegt. Wir können auf allen Wesensgliederebenen feststellen, dass Menschen gefährdet sind, die eine Überforderung erleben, die im Verhältnis zur eigenen Leiblichkeit in Bedrängnis kommen oder in Schwierigkeit geraten, sich mit dieser Leiblichkeit positiv zu verbinden. Die gesunde Verkörperung gleicht ja einer Art Schwangerschaft und Geburt, durch die wir mit unserem Leib erst zusammenwachsen. Es geht also darum, dass wir im Leben die richtige Geburtshilfe erfahren, um uns mit der eigenen Leiblichkeit zu verbinden.
2a GIRKE Ja, das Interessante ist, dass man Autoimmunerkrankungen früher nahezu ausschließlich genetisch verstanden hat und heute erkennt, dass die Seele eine Rolle spielt, dass es eine psychosomatische Beeinflussung des Autoimmungeschehens gibt. Dabei ist interessant, dass die Autoimmunerkrankungen bei näherer Betrachtung eine Polarität in sich tragen. Es gibt welche, die den Leib verfestigen, wie die sogenannte Sklerodermie, eine Krankheit, unter der beispielsweise der Maler Paul Klee litt.
2b Dem gegenüber stehen die Autoimmunerkrankungen, die mit extremer Fieberentwicklung und Entzündungsprozessen verbunden sind. Das sind die Pole unserer leiblichen Organisation, des Verhärtens und Entflammens. Dabei entsteht die Frage: Wie lernen unsere Immunzellen denn, unseren Leib zu akzeptieren? Da zeigt sich, dass dieser Lernprozess eine Beziehung zum Thymus [dt. Bries] hat. Die Thymus-Drüse ist an sich die Schule oder Lehranstalt, wo bestimmte Zellen des Immunsystems lernen, zwischen selbst und fremd zu unterscheiden. Der Thymus ist sehr nah beim Herzen gelegen und fordert organisch: ‹Erkenne dich selbst!›. Selbsterkenntnis und Welterkenntnis sind Herausforderungen der Entwicklung des Menschen und finden sich gleichermaßen auch im Organischen, in den Lebensprozessen des Immunsystems. Wenn sich das immunologische Ja zum Leib, also die Selbsttoleranz, nicht genügend entwickeln kann, entwickelt sich Autoimmunität.
3 SOLDNER Sie sind zum Teil auch eine Polarität dazu: Wenn die Autoimmunerkrankungen eine fehlgelenkte Aggression des Immunsystems gegen den eigenen Körper beinhalten, dann liegt den klassischen allergischen Erkrankungen zunächst eine Schwäche des Immunsystems zugrunde. Ich vermag mich nicht genügend von der Umwelt abzugrenzen. Die Pflanzen blühen und ich blühe ebenfalls, wenn ich Heuschnupfen habe. Es ist auch interessant, dass der Landwirt und die Gärtnerin von vor 100 Jahren, die mit der Sense die blühenden Wiesen mähten, niemals einen Heuschnupfen hatten. Sie haben sich gewissermaßen schon in ihrer äußeren Tätigkeit gegenüber der Wiese abgegrenzt und sich dabei auch innerlich, immunologisch abgegrenzt. Wenn wir heute schon mit Säuglingen weite Reisen in andere Vegetationszonen unternehmen, dann überfordern wir hier häufig den Organismus. Wenn wir dann noch eine schwache Abgrenzungsfähigkeit haben, kann es in der Folge zu solchen allergischen, überschießenden Reaktionen kommen. Die allergische Reaktion beruht darauf, dass ich die Außenwelt nicht abgrenzen kann von meiner inneren Leiblichkeit. Die Weichen zwischen einer solchen zu toleranten Funktionsweise des Immunsystems und seiner zu aggressiven, autoaggressiven Funktionsweise stellen sich früh im Leben, besonders zu der Zeit, in der das Kind erstmals Zähne bekommt, zwischen etwa dem sechsten Monat und zweieinhalb Jahren. Antibiotika und Fiebersenker in dieser Zeit können diese Entwicklung empfindlich stören.
4 GIRKE Autoimmunerkrankungen stehen mit einer veränderten Verbindung des Ich-Wesens mit seinem Leib in Zusammenhang. Der Typ-1-Diabetes der Kinder und Jugendlichen weist auf ein behindertes ‹Ankommen› im Leib. Ohne Insulin, das vor etwa 100 Jahren in die Medizin eingeführt wurde, müssten alle Erkrankten wieder die irdische Leiblichkeit verlassen und sterben. Auf der anderen Seite gibt es auch ein vorzeitiges Lösen. Der Typ-2-Diabetes des meistens erwachsenen Menschen ist ein vorzeitiges Lösen von der Leiblichkeit und braucht deswegen Therapien, welche die Ichorganisation über die Wärme, die Bewegung verstärkt mit dem Leib verbinden können.
5 SOLDNER Wenn wir auf die häufigste Autoimmunerkrankung schauen, die Hashimoto-Erkrankung der Schilddrüse, eine Selbstzerstörung der Schilddrüse, die bei Frauen bis zu 15-mal häufiger auftritt als bei Männern, dann zeigt sich hier biografisch oft zweierlei: Häufig gab es in der Kindheit eine Überforderung, wie eine Art seelische Frühgeburt: Kinder müssen früh in eine Verantwortung eintreten, eine Verantwortung, die eigentlich nicht für ein Kind bestimmt ist, sondern eher für einen Erwachsenen. Das kann durch die unterschiedlichsten Umstände geschehen, zum Beispiel durch Flucht und Vertreibung, eine Überforderung oder Erkrankung eines Elternteils, Trennung und anderes mehr. Aber wir sollten auch überlegen, was wir heute von Kindern zum Beispiel schulisch fordern, gerade in diesem so sensiblen Alter zwischen neun und zwölf Jahren, das für die Reifung der Schilddrüse eine zentrale Rolle spielt. Später kommt dann im Erwachsenenleben möglicherweise eine ähnliche Überforderungssituation, jetzt mit umgekehrtem Vorzeichen hinzu, etwa wenn eine Frau als alleinstehende Mutter mit wenig Unterhalt über die Runden kommen muss. Es entsteht eine Stresssituation, in der das geistige Zutrauen - «ich kann diese Situation gut bewältigen» - der seelischen Furcht, dass ich nicht genüge, unterliegt. Der Astralleib übernimmt gegenüber dem Ich die Führung. Dann kann eine autoimmune Entzündung eintreten, die das betreffende Organ im Lauf der Zeit zerstören kann.
6 GIRKE Wir müssen diesen Zusammenhang geistig durchdringen und dann präventiv verstehen, wo wir in der Kindheit manche Weichen anders stellen sollten, um einer solchen Entwicklung vorzubeugen. Viele Patienten und Patientinnen, gerade jene mit dieser Schilddrüsenerkrankung Hashimoto, können zwar schulmedizinisch eingestellt werden, aber sie fühlen sich trotz optimaler Laborwerte nicht gut. Das ist das Interessante, dass man durch eine hormonelle Substitution eine Stoffwechselkontrolle erreicht, aber nicht im eigentlichen Sinne heilen kann. Da beginnt dann die Anthroposophische Medizin auch in der Schilddrüsenheilkunde, indem man die Beziehung der Menschen zu ihrer eigenen Leiblichkeit unterstützt, also den Leib wiederum ‹vertraut› macht, [...]
in »Das Goetheanum« 27-28·2023; S.9f
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit660000028.htm