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Zitatensammlung
Teil 2
Zitat von Carl Jacob BURCKHARDT zu
MENSCH, IDEEN und POLITIK
1 Für Vorstellungen setzt der Mensch sein Leben ein: für seinen Glauben, seine Überzeugungen, seinen Wahn. Er wird sich opfern für Treue, Vaterlandsliebe, Freiheit, Gerechtigkeit, für Gleichheit oder im Gegenteil für Hierarchie, in ewigem Wechsel, er wird sich opfern für Ideen.
2 Von wann an gelten bestimmte Ideen als Fortschritt, wann werden sie als rückschrittlich wieder verworfen? Der Druck, den Ideen über kurze oder lange Perioden ausüben, der Augenblick, in dem sie ihre Herrschaft antreten, das Ende dieser Herrschaft oder vielleicht ihr Wiederbeginn, erscheinen nicht nur als einer der lehrreichsten Gegenstände, die sich dem historischen Forscher anbieten, sondern auch und vor allem als Voraussetzung zur Bildung staatsmännischen Überblicks.
3 Im Wirkungsbereich jeder Vorstellung wird der erhoffte politische Lenker stets mit der ungeheuren Suggerierbarkeit der menschlichen Massen rechnen müssen. Er sollte über die Gabe verfügen, zu spüren, auf welche Art die hypnotische Einwirkung neu auftretender Anschauungen auf die untereinander so verschiedenen Völkerpersönlichkeiten einwirkt. Das Urteil, das man über den vielgeprüften politischen Weisen fällt, wird immer abhängig sein von dem, was die jeweiligen Meinungsträger, die Staatsbürger, die Kommentatoren [Meinungsmacher] unmittelbar vor dem aktiven Eingreifen des Staatsmannes erlebt [oder auch nur gelesen] haben.
4 Das nach jeder Katastrophe immer einsetzende Hoffen auf Schlichtung aller Konflikte, auf ein vernunftmäßiges Übereinstimmen der Menschheit, ist bis jetzt immer wieder enttäuscht worden, weil die menschliche Natur zwar dazu fähig ist, auf materiellem Gebiet durch die Anwendung des Verstandes richtige Schlüsse zu ziehen, aber nicht imstande, einzeln oder gruppenmäßig den Drang der Menschen nach Erfolg und Sieg zu überwinden.
in „Philosophen und Staatsmänner (1960)” aus «Gesammelte Werke 2»; S.367
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit028180367.htm