zum IMPRESSUM
Zitatensammlung
Teil 2
Zitat von Hans Jürgen SCHEURLE zum
FREIEN WILLEN EX NEGATIVO
1 Indem der freie Wille [a] generell nur negativ, durch das Unterlassen-Können von Handlungen [b] bestimmbar ist, muss es in die Sackgasse führen, Willensfreiheit positiv rational erklären bzw. durch Vernunftgründe widerlegen zu wollen. Die negative Bestimmung von Freiheit ist [...] nicht nur eindeutiger als die positive, es ist sogar zu bezweifeln, ob es Freiheit im positiven Sinne wirklich geben kann. Die Überlegung hat interessante Konsequenzen für den Begriff der Freiheit in der Gesellschaft, wie z. B. Pressefreiheit, Freiheit von Wissenschaft und Kunst usw. Es ist ein problematisches Unterfangen, gesellschaftliche Freiheit durch positive Zielsetzungen bestimmen zu wollen. Umgekehrt ist es sicherlich sinnvoll, wenn z. B. Wissenschafts- und Forschungsfreiheit durch Unterlassen ethisch bedenklicher Handlungen eingeschränkt werden. (man denke beispielsweise an Ethikkommissionen zur Verhinderung von Forschungen, welche die Menschenwürde verletzen, an Initiativen zur Einschränkung von Tierversuchen u.ä.). Wissenschaft richtet sich auf Erkenntnisziele, die sachlich begründet und daher an sich weder gut noch schlecht sind. Der Begriff der Wissenschaftfreiheit kann daher m. E. nur durch Unterlassen und Verzichten auf ethisch und menschlich fragwürdige Unternehmungen, aber nicht durch postive Begründungen ausgefüllt werden. (Der Versuch, die „Freiheit der Wissenschaft” positiv zu bestimmen, schlägt leicht in ihr Gegenteil um. Zum Beispiel begegnet man unter dem Mantel der „Wissenschaftsfreiheit” immer wieder dem Versuch, ethisch fragwürdige Forschungsziele mit dem Wunsch nach schnellerem Fortschritt oder durch das Mithalten mit anderen forschenden Nationen „positiv” zu begründen. Dahinter verbergen sich egoistische persönliche Gründe wie der Ehrgeiz der Forscher bzw. entsprechende Gruppeninteressen [militärischer oder wirtschaftlicher Art], die offenbar weniger mit Freiheit als mit Machtstreben zu tun haben.)
2 Der Versuch, menschliche Entscheidungen kausal durch Hirnprozesse begründet hinzustellen (und dadurch z. B. Willensfreiheit für unmöglich zu erklären [c] - oder umgekehrt), ist notwendigerweise inkonsistent. Denn er setzt voraus, dass zwischen rationaler Hirnfunktion und Wollen ein kausaler Zusammenhang existiere. Das ist nicht der Fall, wie das „Veto”, aber auch die folgende Überlegung zeigt: Gäbe es ihn nämlich, wären wir ausschließlich an frühere Erfahrungen gekettet bzw. bloße Vernunftwesen, die aus logischen Gründen [automatisch] jedem Abenteuer und riskanten Wagnis im Leben aus dem Weg gehen, die den Aufbruch ins Unbekannte und neue Wege in der Forschung, in Kunst und Wissenschaft ängstlich vermeiden würden. Es gäbe keine Möglichkeit zum Irrtum, zur Selbsttäuschung, aber auch kein [strafbares] Verbrechen und keine anderen „Fehler” und Verfehlungen. Kurz, der Mensch wäre nicht Mensch, wenn seine Freiheit allein von der [rationalen] Vernunft abhinge. Er ist es eben deshalb, weil er das Wollen vom [normierten] Denken trennen und abkoppeln kann.
aus «Hirnfunktion und Willensfreiheit»; S.114f
a] streng genommen lediglich Denkfreiheit
b] siehe Hardtmuth zur Hemmung
c] vgl. zB. 't Hooft zum freien Willen
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit028050114.htm