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Zitatensammlung
Teil 2
Zitat von Carl Gustav JUNG zum
AXIOM der MARIA
Maria Prophetissa © GNU
Abb. 78. Maria Prophetissa; im Hintergrund: die Vereinigung (coniunctio) des Obern und des Untern.
Titelbild des II. Buches der »Symbola Aurae Mensae« des M. Majer
(Francofurti 1617), S. 57.
Das Problem der Drei und Vier, Sieben und Acht, welches Goethe an dieser Stelle aufgegriffen hat,[a] ist eine Perplexität der Alchemie, welche historisch auf die Texte, die dem Christianos¹ zugeschrieben werden, zurückgeht. Im Traktat über die Herstellung des »mythischen Wassers« heißt es: »Daher schrie die hebräische Prophetin ohne Scheu heraus: ,Das Eine wird zu Zwei, und die Zwei Drei, und von dem Dritten wird das Eine als Viertes².'« Diese Prophetin geht in der alchemistischen Literatur als Maria Prophetissa³ (Abb. 78), zubenannt die Jüdin, Schwester des Moses, oder die Koptin, und es scheint nicht unwahrscheinlich, daß sie mit der Maria der gnostischen Tradition zusammenhängt. Epiphanius bezeugt das Vorhandensein von Schriften dieser Maria: die »Interrogationes Magnae« und »Parvae«, worin eine Vision beschrieben sei von Christus, wie er auf dem Berge das Weib aus seiner Seite habe hervortreten lassen und wie er sich mit diesem vermischt habe⁴. Es ist nun wohl kein Zufall, daß der unten angegebene Traktat der Maria das Thema des »matrimonium alchymicum« in einem Dialog mit dem Philosophen Aros⁵ behandelt; daraus stammt das später oft wiederholte »Verheirate Gummi mit Gummi in wahrer Ehe«⁶. »Gummi arabicum«, ursprünglich, ist hier als Arkannamen benützt für die Wandlungssubstanz, und zwar um der adhäsiven Eigenschaft willen. [...]
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¹ Der Anonymus genannt Christianos ist nach Berthelot (»Les Origines de l'Alchimie« [Paris 1885], S. 100) ein Zeitgenosse des Stephanos von Alexandria, lebte also ungefähr im Anfang des 7. Jahrhunderts.
² Berthelot: »Alch. Grecs«, VI, V, 6, Z. 16 f. Das fast tierische χραυγάζοιν weist auf einen ekstatischen Zustand hin.
³ Ein ihr zugeschriebener Traktat (arabischer Herkunft?) unter dem Titel »Practica Mariae Prophetissae in Artem Alchimicam« in Art. Aurif. (1953), I, S. 319 ff.
⁴ »Panarium«, Häer. XXVI. Ueber weitere mögliche Beziehungen zur Mariamne und zur Maria Magdalena der Pistis Sophia vgl. Leisegang: »Gnosis« (1924), S. 113 f., und C. Schmidt: »Texte und Untersuchungen«, VIII, S. 596 ff.
⁵ Aros = Horos. Eine Vorlage zum Maria-Dialog dürfte Ἴσις προφῆτις τῶ υἱῶ αὐτῆς (Berthelot: »Alch. Grecs«, I, XIII) sein. Isis und Maria waren leicht zu verwechseln.
⁶ »Matrimonifica gummi cum gummi vero matrimonio«: »Art. Aurif.« (1953), I, S. 320.
aus «Psychologie und Alchemie»; S.224f
a] siehe Drei und Vier
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit019270224.htm