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Gedichtsammlung
Von Lust zu Lust
Liebe fordert letzte Beugung,
Und ich trau dem dunklen Rufe.
Noch im tiefen Graun der Zeugung
Fühl ich Sehnsucht, ahn ich Stufe.
Einmal muß ich Welle werden,
Muß im Rausch des Tiers zerfließen.
Erst aus ganz gelösten Erden
Kann der Stern zusammenschießen.
Seele rast hinab zum Schoße.
Dort wird sie von Lust verschlungen.
Auf den Geistern liegen große
Glühende Verfinsterungen.
Dann verebnen unsre Schauer,
Und ich darf zur Welt genesen.
Wer gezeugt hat, fällt in Trauer.
Aus der Trauer steigt das Wesen.
Diesem stehn die Sphären offen.
Es zieht Leuchtkraft aus dem Trüben.
Mit Pleromas reinsten Stoffen
Wird es neue Zeugung üben.
Goldne Schlange, schnell vermodert
An der Wollust nacktem Strande,
Fliegt als Vogel, hell umlodert,
Über morgendlichem Lande.
Liebend lös' ich mich vom Weibe,
Laß die Freudenflut verrinnen.
Den kristallnen Leib im Leibe
Laß ich langsam Glanz gewinnen.
Hans Carossa
aus «Gedichte»; S.34f
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWged00182.htm