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Gedichtsammlung |
Stufen |
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend |
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, |
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend |
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. |
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe |
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne, |
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern |
In andre, neue Bindungen zu geben. |
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, |
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben. |
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, |
An keinem wie an einer Heimat hängen, |
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen, |
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten. |
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise |
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen, |
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, |
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen. |
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Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde |
Uns neuen Räumen jung entgegensenden, |
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden ... |
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde! |
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Hermann Hesse |
aus «Das
Glasperlenspiel»; S.486f |
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revid.202105 |
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWged00161.htm |