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| Gedichtsammlung |
| Beglaubigung der Jungfer Poeterey |
| Rhapsodius glaubt nicht das Jungfern Verse machen; |
| Wie solte man nu nicht der falschen Meynung lachen? |
| Wie / wenn man sagte / das hochzeitliche Gedicht / |
| Das Rhapsodius gemacht / ist seine Arbeit nicht. |
| Ist dieses möglich / so kan jenes auch geschehen. |
| Hat denn Herr Rhapsodus dergleichen nie gesehen? |
| Ihr Musen Söhne denckt / ihr seyd es gar allein / |
| Bey denen Phoebus zeucht mit seinen Künsten ein. |
| O nein / ihr irret euch: Die Pallas pflegt desgleichen |
| Kunst / Weißheit und Verstand und Nimphen darzureichen. |
| Sind wir gleich nicht an Kunst und Gaben gar zu reich / |
| Noch euch / ihr Phoebus Volck in allen Stücken gleich. |
| (Denn dieses ist gewiß / das läßt man wol passiren / |
| Das euch die freye Kunst vortrefflich kan bezieren / |
| Dazu euch euer Fürst Apollo Anlaß giebt / |
| Wenn ihr von Jugend auf Parnassus Hügel liebt.) |
| So werdet ihr doch diß nicht gäntzlich leugnen können / |
| Das Gott und die Natur uns ebenmäßig gönnen |
| Was euch gegen ist / und das uns offtmals nicht |
| Das Tichten / sondern nur die Zeit dazu gebricht. |
| Es fehlt uns nicht an Witz / und andern guten Gaben / |
| Nur das man nicht dazu Gelegenheit kan haben. |
| Wenn man uns so wie euch / die Künste gösse ein / |
| So wolten wir euch auch hierinnen gleicher seyn. |
| Susanna Elisabeth Zeidler |
| aus «Deutsche Dichterinnen ...»; S.99 |
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| revid.201808 |
| https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWged00139.htm |