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Gedichtsammlung |
Aus meinem Schälchen |
Aus meinem Schälchen nahm mir über Nacht |
- vielleicht ein Vogel? - meine eine Beere; |
sie war sehr rot, nun staun ich in das leere |
unnütze Ding. - O hätt ich doch gewacht! |
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Wie, wenn es nun gar nicht ein Vogel war, |
sondern ein Tier, ein wildes, ohne Namen? |
Und meine Seele nährt den bösen Samen |
und kommt zur Welt als reißende Gefahr -? |
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Und kommt zu mir, wenn ich im hohen Wald |
mit bittern Wurzeln meinen Hunger stille, |
und starrt mich an und ist mein wilder Wille, |
mein Herz von einst, in pelziger Gestalt. |
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Wie helf ich mir? Wen ruf ich da noch an? |
Wer hört eins rufen, das so abseits nistet? |
O hätt mich doch der Schlaf nicht überlistet, |
als ich mein Herz für dich hinausgetan! |
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Christine Lavant |
aus «Die
Bettlerschale»; S.14 |
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revid.201807 |
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWged00130.htm |