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Gedichtsammlung |
Kenne dich selbst |
Eins nur ist, was der Mensch zu allen Zeiten gesucht
hat; |
Überall, bald auf den Höhn, bald in dem
Tiefsten der Welt - |
Unter verschiedenen Namen - umsonst - es versteckte
sich immer, |
Immer empfand er es noch - dennoch erfaßt er
es nie. |
Längst schon fand sich ein Mann, der den Kindern
in freundlichen Myrten |
Weg und Schlüssel verriet zu des Verborgenen Schloß. |
Wenige deuteten sich die leichte Chiffre der Lösung, |
Aber die wenigen auch waren nun Meister des Ziels. |
Lange Zeiten verflossen - der Irrtum schärfte
den Sinn uns - |
Daß uns der Mythus selbst nicht mehr die Wahrheit
verbarg. |
Glücklich, wer weise geworden und nicht die Welt
mehr durchgrübelt, |
Wer von sich selbst den Stein ewiger Weisheit begehrt. |
Nur der vernünftige Mensch ist der echte Adept
- er verwandelt |
Alles in Leben und Gold - braucht Elixiere nicht mehr. |
In ihm dampfet der heilige Kolben - der König
ist in ihm - |
Delphos auch, und er faßt endlich das: Kenne
dich selbst! |
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Novalis |
in «Gesammelte
Werke - Erster Band»; S.103f |
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revid.201602 |
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWged00098.htm |