 |
zur Übersicht |
Gedichtsammlung |
Anrufung des Großen Bären |
Großer Bär, komm herab, zottige Nacht, |
Wolkenpelztier mit den alten Augen, |
Sternenaugen, |
durch das Dickicht brechen schimmernd |
deine Pfoten mit den Krallen, |
Sternenkrallen, |
wachsam halten wir die Herden, |
doch gebannt von dir, und mißtrauen |
deinen müden Flanken und den scharfen |
halbentblößten Zähnen, |
alter Bär. |
|
Ein Zapfen: eure Welt. |
Ihr: die Schuppen dran. |
Ich treib sie, roll sie |
von den Tannen im Anfang |
zu den Tannen am Ende, |
schnaub sie an, prüf sie im Maul |
und pack zu mit den Tatzen. |
|
Fürchtet euch oder fürchtet euch nicht! |
Zahlt in den Klingelbeutel und gebt |
dem blinden Mann ein gutes Wort, |
daß er den Bären an der Leine hält. |
Und würzt die Lämmer gut. |
|
's könnt sein, daß dieser Bär |
sich losreißt, nicht mehr droht |
und alle Zapfen jagt, die von den Tannen |
gefallen sind, den großen, geflügelten, |
die aus dem Paradiese stürzten. |
|
Ingeborg Bachmann |
aus «Sämtliche
Gedichte»; S.105 |
nach oben oder zur Übersicht |
revid.201506 |
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWged00093.htm |