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| Gedichtsammlung |
| Keine Delikatessen |
| Nichts mehr gefällt mir. |
| Soll ich |
| eine Metapher ausstaffieren |
| mit einer Mandelblüte? |
| die Syntax kreuzigen |
| auf einen Lichteffekt? |
| Wer wird sich den Schädel zerbrechen |
| über so überflüssige Dinge - |
| Ich habe ein Einsehn gelernt |
| mit den Worten, |
| die da sind |
| (für die unterste Klasse) |
| Hunger |
| Schande |
| Tränen |
| und |
| Finsternis. |
| Mit dem ungereinigten Schluchzen, |
| mit der Verzweiflung |
| (und ich verzweifle noch vor Verzweiflung) |
| über das viele Elend, |
| den Krankenstand, die Lebenskosten, |
| werde ich auskommen. |
| Ich vernachlässige nicht die Schrift, |
| sondern mich. |
| Die andern wissen sich |
| weißgott |
| mit den Worten zu helfen. |
| Ich bin nicht mein Assistent. |
| Soll ich |
| einen Gedanken gefangennehmen, |
| abführen in eine erleuchtete Satzzelle? |
| Aug und Ohr verköstigen |
| mit Worthappen erster Güte? |
| erforschen die Libido eines Vokals, |
| ermitteln die Liebhaberwerte unserer Konsonanten? |
| Muß ich |
| mit dem verhagelten Kopf, |
| mit dem Schreibkrampf in dieser Hand, |
| unter dreihundertnächtigem Druck |
| entreißen das Papier, |
| wegfegen die angezettelten Wortopern, |
| vernichtend so: ich du und er sie es |
| wir ihr? |
| (Soll doch. Sollen die andern.) |
| Mein Teil, es soll verloren gehen. |
| Ingeborg Bachmann |
| aus «Sämtliche Gedichte»; S.182f |
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| revid.201506 |
| https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWged00081.htm |