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Gedichtsammlung |
Bitte |
Wir werden eingetaucht |
und mit den Wassern der Sintflut gewaschen, |
wir werden durchnässt |
bis auf die Herzhaut. |
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Der Wunsch nach der Landschaft |
diesseits der Tränengrenze |
taugt nicht, |
der Wunsch, den Blütenfrühling zu halten, |
der Wunsch, verschont zu bleiben, |
taugt nicht. |
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Es taugt die Bitte, |
dass bei Sonnenaufgang die Taube |
den Zweig vom Ölbaum bringe. |
Dass die Frucht so bunt wie die Blüte sei, |
dass noch die Blätter der Rose am Boden |
eine leuchtende Krone bilden. |
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Und dass wir aus der Flut, |
dass wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen |
immer versehrter und immer heiler |
stets von neuem |
zu uns selbst |
entlassen werden. |
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Hilde Domin |
aus «Gesammelte
Gedichte»; S.117 |
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revid.201205 |
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWged00045.htm |