cm.jansa | |
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Trinen | |
Gleichlautende Endsilben einen jeweils drei Haiku, jene chinesisch-japanischen lyrischen Kurzformen, die äusserste Bündigkeit im Text mit weiter Entfaltung im Gehalt zu verbinden suchen. Drei Haiku bilden die Trine. | |
Trinen zeigen einen inneren Aufbau, eine Dreiheit, die der äusseren Form entspricht: das erste Haiku drückt in der Regel Sinn aus, das zweite Gegensinn und das dritte weiterweisenden Sinn als Ausgleich. | |
Ein Pendel bewegt sich von Pol zu Pol (vgl. R.STEINER am 6.X.1917 in «GA 177»; S.68ff), dazwischen entsteht ihm die Schwingung, die Pole zu verbinden; nicht einen Pol, zwei Pole braucht es, und doch ist es ein Geschehen. Trinen erzählen davon. | |
22 | |
Engpass der Mitte, hast ihn am Einhorn gepackt und überwunden. |
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NUN schenk' uns lächelnd gewonnene Weisheit in Schönheit gebunden! |
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Wird das Gelebte in deiner Hände Geschick nicht alles runden? |
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DMGG, 27.VII.2001 ♀ | |
21 | |
Von aussen herab Hellt auf unsre Gestalten Das Taglicht durchs Tor; |
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Decken es Wolken, Wird grau uns das Genüber, Ein düsterer Chor; |
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Erkennen wir's nur, So scheint uns bald die Sonne Von innen hervor. |
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DMGG, 9.VI.1987 ♂ | |
20 | |
Sorgende Liebe Hält euer Kind beständig Lebendig und warm; |
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Aus eurer Mitte Mög' liegen in Erwartung Dies Kind uns im Arm; |
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An eurer Seite So wollen wir es hegen: Das Licht werd' ihm warm. |
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DMGG, 25.I.1987 ☉ | |
19 | |
Des Menschen Dummheit Erschwert ihm Weg und Streben Im Heute und hier; |
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In seinem Schlafen Wähnt wachend er, bewusst sich, Der kaum mehr denn Tier; |
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Just dieser Dummheit Begegne ich doch ständig, Begegne ich mir. |
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DMGG, 5.VII.1986 ♄ | |
18 | |
Gewiss bist du nichts, Stehst verlassen im Leeren, Und nichts bin auch ich; |
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Verbinden jedoch Du und ich unsre Wesen, Wird Kreuz aus dem Strich; |
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Zu zweit sind wir ganz Wie im Stillstand im Wandel Als Menschen an sich. |
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DMGG, 13.I.1983 ♃ | |
17 | |
Dem Menschen die Tat, Bestimmen, das ist sein Amt, Er bringt die Wende; |
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Dem Menschen geschieht, Ins Dasein bleibt er gezwängt Bis an sein Ende; |
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Suchst du Entscheidung? Hier bist du Mensch, so löse Die Augenblende! |
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DMGG, 16.XII.1982 ♃ | |
16 | |
In die Welt gesetzt Hastet vor- du und rückwärts Auf Flucht vor Nöte; |
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In den Nächten dann Kriechst du flink unter Steine Wie eine Kröte; |
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Doch dich zieht's hervor Durch den selbstlosen Finger Der Morgenröte. |
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DMGG, 3.XII.1982 ♀ | |
15 | |
Niemand und nichts ruht In Bewegung ist alles, Wasser, Luft und Stein; |
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Ordnung und Dauer Strebt der Mensch zu erhaschen Im Lebensgebein; |
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Wer mag das Feuer In Erstarrung versetzen Und enden das Sein? |
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DMGG, 25.I.1982 ☽ | |
14 | |
Da red'ich dich an, Möchte fragen in Ruh' dich Über dein Sterben; |
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Du weist mich zurück: Ich sei ein Hasser und Feind, Gegen dein Werden; |
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Und doch lebst du hier, Auf- du und abwärts gleich mir, Wieder auf Erden. |
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DMGG, 2.I.1982 ♄ | |
13 | |
Du redest zu mir, Um Botschaft aus dem Aussen Zu bringen dem Du; |
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Ich spreche zu dir, Um Botschaft aus dem Innen Zu senden dem Du; |
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Wir schweigen uns ein - Wie innig wir uns brauchen Als dein und mein Du! |
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DMGG, 21.VII.1981 ♂ | |
12 | |
Über die Grenzen Schweife dir Blick und Streben, Stillstand besiege; |
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In deinen Grenzen Sorge für heiße Kälte, Frieden und Kriege; |
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Jenseits der Grenzen Schreite gejagt nicht, gierig, Denke und Wiege. |
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weiter Haiku 24 | |
DMGG, 30.IIII.1981 ♃ | |
11 | |
Leis' im Morgengraun Feiner Schleier um und um, Deine Einsamkeit; |
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In der Dämmerung Manch Gewebe um und um, Meine Müdigkeit; |
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Dazwischen Nacht nur? Tag, nicht Nacht Geliebtes denn, Und Lebendigkeit. |
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DMGG, 27.XII.1980 ♄ | |
10 | |
„Wag's mich zu schelten. Wag's meinen Stolz zu zwingen, Und spür' meine Macht!” |
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Kummervoll steh'ich Einsam in Streit verfangen, Ein Kind in der Nacht. |
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Lächelndes Schweigen Dringe aus Innen hervor Zum Sprechen gebracht. |
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Sölden, 17.IX.1980 ☿ | |
9 | |
Geboren im Traum Schmiegt an die Baumblätter sich Weisser Morgentau; |
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Düsteres Dunkel Zieht mählich drüber hinfort Als ein schwarzer Stau; |
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Doch dreht sich der Ball, Wölbt sich der Räder Gerad, Haare werden grau. |
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DMGG, 16.VIII.1980 ♄ | |
8 | |
Unter der Taube Schwebt mit dem Hund der Engel Getragen vom Pferd; |
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Papageis Krächzen Wildschweines Laut dem Affen des Hausschweines wert; |
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Adler und Löwe Ruhn mit dem Mensch auf dem Stier - Bist du nun belehrt? |
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weiter Haiku 12 | |
Sölden, 31.VII.1980 ♃ | |
7 | |
Erde und Himmel Erglüh'n in feuchtem Feuer Der Hochzeit wegen; |
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Allein der Luftraum Verbreitet seine Leere Und steht dagegen; |
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Diese zu füllen, Die beiden kurz zu einen, Fällt leiser Regen. |
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Sölden, 29.VII.1980 ♂ | |
6 | |
Schön ist dein Aussehn, Und voller Anmut begehst Du unsre Breiten; |
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Dunkel im Boden Verfallen zu feinem Staub Die Erdenseiten; |
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Wird nicht dein Körper Geformt und wieder gelöst Durch all die Zeiten? |
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Sölden, 22.VII.1980 ♂ | |
5 | |
Unter den Sternen Ziehn die Planeten scheinbar In Nacht geborgen; |
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Doch im Ergründen Steigen aus Seelentiefen Drückende Sorgen; |
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Doie Kraft der Sonne hebt und löst ganz die Nebel Im Sommermorgen. |
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Sölden, 18.VII.1980 ♀ | |
4 | |
Blick' in die Himmel, Wo die Feuer glühen, die Die Planeten treiben; |
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Sieh auf die Wasser, Die gepeitscht von den Winden Tosen, doch bleiben; |
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Was bleibt noch zu tun, Wenn die Erde bestellt ist? Lesen und Schreiben. |
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Sölden, 28.VI.1980 ☿ | |
3 | |
Still aus ihrer Ruh' Und innig will die Liebe Das Ganze geben; |
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Nehmen will der Hass, Nach Sondrung süchtig schäumend Den Teil erstreben; |
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Zwischen beider Pol In beständigem Wandel Schwingt sacht das Leben. |
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Sölden, 19.V.1980 ☽ | |
2 | |
Wenn du erkannt hast, Dass ein jedes im Umfeld Sich funkenwärts müht, |
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Dass aus den Wurzeln Jene Blume am Wegrand Nicht dir allein blüht, |
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Gehe den Weg nun Mit der Blume gemeinsam Um Liebe bemüht. |
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Sölden, 15.V.1980 ♃ | |
1 | |
Zwei Augenpaare Zwischen denen Kerzenlicht, Um sie zu einen; |
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Zwei dunkle Schatten Tanzen zitternd auf der Wand, berühren keinen; |
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In deinen Augen Spiegelt sich derselbe Schein Wie in den meinen. |
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vgl. Haiku 7 | |
Sölden, 8.IIII.1980 ♂ | |
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