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Zitatensammlung
Teil 1
Zitate von Rudolf STEINER zur
FREIEN HOCHSCHULE für GEISTESWISSENSCHAFT
1a Und wirklich, diese Weihnachtstagung [a] darf nicht so genommen werden, wie vieles in der Anthroposophischen Gesellschaft [b] hingenommen worden ist. Es muß von dieser Weihnachtstagung etwas Neues ausgehen, das aber eigentlich nur ein vermehrtes Altes ist. Und das hat denn dazu geführt, daß die Konstitution der Gesellschaft dasjenige enthalten wird, was ich nun in diesem zweiten Mitteilungsblatt unter dem Titel bringe: «Die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft.»
[...] Wir brauchen zunächst gerade diejenige Stätte, die das gibt, was sonst nirgends gegeben wird: nämlich das, was den Menschen in die geistige Welt hineinführt. Und das soll nun im strengsten Sinne des Wortes der Inhalt der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft werden.
S.99f
1b Nun liegt ja die Sache gewiß so, daß in der Anthroposophischen Gesellschaft [c] sehr viele Freunde sind, die es seit langem sind. Derjenige, der heute eintritt, dem würde man am besten empfehlen, er solle zwei Jahre in der Anthroposophischen Gesellschaft bleiben und sich dann melden zur Aufnahme in die erste Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Das kann natürlich nicht für diejenigen gelten, die schon - ja, wie nennt man es draußen? - bemooste Häupter sind in der Anthroposophischen Gesellschaft.
S.101
Dornach, 18.Jän.1924 ♀ (aus «GA 260a»)
2 Es wird daher im allgemeinen so sein müssen, daß der Mensch die geistige Welt zuerst in der Ideenform kennenlernt. In dieser Art wird die Geisteswissenschaft in der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft gepfllegt.
Es wird aber Persönlichkeiten geben, die teilnehmen wollen an den Darstellungen der geistigen Welt, die von der Ideenform aufsteigen zu Ausdrucksarten, die der geistigen Welt selbst entlehnt sind. Und auch solche werden sich finden, welche die Wege in die geistige Welt kennenlernen wollen, um sie mit der eigenen Seele zu gehen.
Für solche Persönlichkeiten werden die drei Klassen der «Schule» da sein. Da werden die Arbeiten aufsteigend einen immer höheren Grad der Esoterik erreichen. Die «Schule» wird den Teilnehmer hinaufleiten in die Gebiete der geistigen Welt, die nicht durch die Ideenform geoffenbart werden können. Bei ihnen tritt die Notwendigkeit ein, Ausdrucksmittel für Imaginationen, Inspirationen und Intuitionen [d] zu finden.
im »Nachrichtenblatt«, 20.Januar 1924 (aus «GA 260a»; S.108f)
Ergänzung
13 Wenige Wochen nach der Weihnachtstagung begann Steiner mit der Einrichtung der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Heute liegen bruchstückhafte Materialien aus der ersten Klasse der Hochschule vor, nämlich stenographisch überlieferte Texte aus neunzehn sog. Klassen- und zehn Wiederholungsstunden. Nach dem Tode Steiners kam man angesichts der überragenden Qualität des von Steiner Vorgetragenen überein, diese Texte den Hochschulmitgliedern in besonderen Klassenstunden vorlesen zu lassen. Diese Einrichtung gewann in Kürze eine gewisse Eigendynamik. Trotz Abwesenheit eines geistigen Lehrers und Leiters der Hochschule wurde der von Steiner für seine Klassenvorträge geschaffene kultisch-symbolische Rahmen bei den Lesungen beibehalten, womit die Fiktion einer Fortsetzung der ursprünglichen Hochschularbeit entstand. Auch die seit einigen Jahren begleitend eingerichteten freien Darstellungen über Steiners mantrische Spruchformen werden in kultischem Rahmen durchgeführt, obwohl das Bewußtsein der Vortragenden hinter dem Vorgetragenen selbstverständlich zurückbleiben muß. Durch die Institution der Lesungen bildete sich weltweit ein priesterähnlicher Lektorenkreis, der trotz seiner weitgehend unschöpferischen Tätigkeit die eigentliche Repräsentation der Hochschule darstellt. Einzelne wenige Versuche, eine Hochschularbeit auf der Grundlage des intuitiven Denkens [e] einzurichten, wurden vereitelt. Die inzwischen veröffentlichten Klassentexte werden - selbstverständlich in erster Linie von den Lektoren - sorglos als Esoterik bezeichnet und zwar unter beharrlicher Mißachtung des Umstandes, daß Esoterik niemals in Inhalten, sondern einzig in der Art des Lebensumganges mit geeigneten Inhalten bestehen kann. Da die Hochschule nach Steiners Absichten die Seele der Gesellschaft [c] werden sollte, umspielt die geschilderten Klassenveranstaltungen ein mystischer Hauch von Tempeldienst, der für die Gesellschaft hoch wirksame Legitimationen ausstrahlt. In der Durchführung kultisch ausgestalteter Lese- und Interpretationsstunden und in der Tätigkeit eines besonders beauftragten Lektorenkreises liegt eine mit der Originalität des intuitiven Denkens unvereinbare Verkirchlichung der Esoterik.
Günter Röschert
aus «Anthroposophie als Aufklärung»; S.180
a] am Goetheanum in Dornach vom 24.XII.1923 bis zum 1.I.1924
b] der 1913 gegründeten Anthroposophischen Gesellschaft, in der Steiner nichteinmal Mitglied war
c] der durch die Weihnachtstagung begründeten Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft mit Rudolf Steiner als Vorsitz
d] siehe die MblBn. 33a, 33b u. 33c
e] vgl. Mbl-B.33c
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit126010099.htm