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Zitatensammlung
Teil 1
Zitate von Rudolf STEINER zu den
JAHRESZEITEN
1 Alles das, was im Mikrokosmos ist, ist auch im Makrokosmos vorhanden. Wenn wir im Frühling sehen, wie die Erde ihr Grünes herausschießen läßt in den Pflanzen, wie aufsprießen Blüten und Blätter und wie die Pflanzen sich vorbereiten, Früchte zu tragen, was haben wir denn da? Derjenige, der äußerlich vergleicht, wird sagen, es läßt sich das Aufwachen am Morgen vergleichen mit dem Aufwachen der Natur im Frühling. Das Umgekehrte ist aber wahr! Wir müssen das Aufblühen im Frühling mit dem Einschlafen vergleichen. Wir müssen vergleichen das Hervorkommen und Hervorwachsen der Pflanzen im Frühling mit dem, was im Äther- und physischen Leib des Menschen beim Einschlafen vor sich geht. Dann wird das immer lebendiger, wenn es dem Sommer entgegengeht, wie im menschlichen physischen und Ätherleibe in der Mitte der Schlafenszeit. Und im Herbst wird es so, wie wenn der Mensch am Morgen hinuntertaucht in den physischen und Ätherleib, im Herbst, der zum Verwelken bringt dasjenige, was während des Frühlings und Sommers aufgesproßt ist. [...]
So daß wir sagen können: Das, was die Geister der Erde sind, das geht im Frühling schlafen und wacht als Erdengeister im Herbst und Winter auf. Im Winter sind sie als Erdengeister mit der Erde verbunden, um wieder hinaufzusteigen im Frühling und Sommer in die Himmelshöhen, in die astralischen Höhen und auf der anderen Seite der Erde. Wenn wir wieder Frühling haben, dann gehen sie wieder schlafen.
Dem widerspricht nicht, daß die Erde einmal auf der einen und das andere Mal auf der anderen Hälfte schläft. Ähnliches ist in gewisser Beziehung auch beim Menschen der Fall. Derjenige, der die Vorgänge hellseherisch verfolgt, sieht, wie es im Frühling geradeso ist wie beim menschlichen Einschlafen, wo der einzelne Geist sich zurückzieht in die astralische Welt; er sieht, daß sich im Frühling dasjenige, was wir die Erdengeister nennen, in die astralische Welt zurückzieht, und umgekehrt. [...] Man hätte das nicht besser anschaulich machen können, als indem man das Johannifest just in diese Zeit verlegte, um hinzuweisen darauf, wie gerade die sprießenden Naturgeister wirken, während die eigentlichen Geister der Erde, das Ich und der Astralleib der Erde, fort sind.
Wie ist es aber, wenn es gegen den Winter zugeht? Da wacht die Erde auf, da ist mit der Erde der Astralleib und das Ich verbunden. Dahin muß man die Feste verlegen, die sich vorzugsweise auf das Geistige des Menschen beziehen. Dahin wurde das Weihnachtsfest verlegt. Und dann, wenn der Erdengeist weggeht in Höhen hinauf - was durch das Osterfest angedeutet wird -, da bezog man dieses Hinweggehen von der Erde, dieses Hineingehen in das Astralische, auf das Verhältnis von Sonne und Mond.
München, 16.Mai 1912 ♃ (aus «GA 143»; S.199f)
2 Je mehr sich der Ätherleib des Menschen verändert unter dem Einfluß einer esoterischen Entwicklung, desto mehr bekommt der Mensch dasjenige, was man nennen möchte ein Zeitgefühl. Unter diesem Zeitgefühl soll verstanden werden ein Gefühl für das Miterleben der Aufeinanderfolge der Tatsachen und Ereignisse in der Zeit. Gewöhnlich ist ja im äußeren Leben der Mensch ohne dieses ausgesprochene Zeitgefühl. Nun habe ich schon ein wenig angedeutet, wie dieses Zeitgefühl sogar schon durch die Veränderung des physischen Leibes auftritt, indem man durch eine esoterische Entwicklung empfindlicher wird gegenüber - sagen wir - dem Sommer und dem Winter. Aber durch die Veränderung des Ätherleibes wird das Miterleben des äußeren Wandels der Ereignisse ein noch viel lebendigeres, ein viel empfindlicheres. Und derjenige, der eine Zeitlang versucht hat, mit allem Ernst seine Seele vorwärtszubringen, der wird einen deutlichen Unterschied wahrnehmen zunächst einmal zwischen den verschiedenen Jahreszeiten, ja sogar zwischen Teilen der Jahreszeiten, er wird einen großen Unterschied allmählich innerlich erleben lernen zwischen Sommer und Winter, zwischen Frühling, Sommer und Herbst, aber auch viel kleinere Zeitabschnitte im Jahreslaufe werden empfunden werden. Die Zeit wird gewissermaßen etwas in ihrem Fortschritt Lebendiges. Man merkt nach und nach, daß man im Verlaufe der Zeit differenziertes Leben wahrnimmt. So wie im physischen Leibe die einzelnen Organe sich differenziert zeigen, wie sie innerlich lebendiger und unabhängiger voneinander werden, so werden Teile der fortlaufenden Zeitenfolge gewissermaßen selbständiger voneinander, unabhängiger. Und das ist damit in Verbindung, daß man mit der Entwicklung des eigenen Ätherleibes miterlebt das Leben im äußeren Äther, der uns ja überall umgibt. Es umgibt uns ja nicht nur die Luft, es umgibt uns überall der Äther; aber dieser Äther lebt ein wirkliches Leben in der Zeit.
Den Haag , 23.Mär.1913 ☉ (aus «GA 145»; S.62)
3 Wohl schauen und fühlen wir während dieser [Frühlings- und Sommer-]Zeit auch noch anderes. Es krachen manchmal hinein Blitze und Donner in die Strahlen der Frühlingssonne, wenn Wolken diese Strahlen überziehen. Es ergießen sich unregelmäßig die Regengüsse über die Oberfläche der Erde. Und wir verspüren dann die unendliche, durch nichts zu beeinflussende harmonische Regelmäßigkeit des Sonnenganges, und die - nun, brauchen wir das Wort - wetterwendische Wirksamkeit der Entitäten, die auf der Erde wirken als Regen und Sonnenschein, als Gewitter, als andere Erscheinungen, die abhängen von allem möglichen unregelmäßigen Treiben, gegenüber dem durch nichts zu beeinflussenden regelmäßigen, harmonischen Wirken des Sonnenganges und seiner Folgen für die Entwickelung der Pflanzen und alles dessen, was auf der Erde lebt. Unendlich regelmäßige Harmonie der Sonnenwirksamkeit und das Wetterwendische wie Launische desjenigen, was unmittelbar in unserer Atmosphäre vorgeht, wir fühlen das wie eine Zweiheit.
Dann aber, wenn der Herbst naht, fühlen wir das Absterben des Lebendigen, das Hindorren desjenigen, was uns erfreut. Und haben wir ein Mitgefühl mit der Natur, so werden unsere Seelen vielleicht traurig über die absterbende Natur. Die weckende, liebende Kraft der Sonne, dasjenige, was regelmäßig, harmonisch das Weltenall durchwallt, wird gleichsam unsichtbar, und dasjenige, was wir als das Wetterwendische bezeichneten, das siegt dann. Es ist wahr, was noch frühere Zeiten wußten, was unserer Materialität aus dem Bewußtsein geschwunden ist: daß zur Winterzeit der Egoismus der Erde siegt gegenüber den Kräften, die, durchdringend unsere Atmosphäre, aus dem weiten Weltensein auf unsere Erde herniederströmen und das Leben auf unserer Erde erwecken.
Und wie eine Zweiheit erscheint uns so die ganze äußere Natur. Ganz verschieden das Frühlings- und Sommerwirken und das Herbst- und Winterwirken. Wie wenn die Erde selbstlos würde und sich hingeben würde der Umarmung des Weltenalls, aus dem ihr die Sonne Licht und Wärme zusendet und ihr Leben erweckt, wie ihre Selbstlosigkeit zeigend erscheint uns die Frühlings- und Sommererde. Wie ihren Egoismus zeigend, aus sich selber hervorzaubernd alles dasjenige, was sie in ihrer eigenen Atmosphäre enthalten und hervorbringen kann, so steht die Herbst- und Wintererde vor uns. Besiegend das Sonnenwirken, das Weltallwirken durch den Egoismus des irdischen Wirkens, so erscheint uns die Wintererde.
Bochum, 21.Dez.1913 ☉ (aus «GA 150»; S.110f)
4a Wenn die Mysterienschüler ihren Unterricht empfingen von den Mysterienlehrern, dann gaben ihnen diese solche Sprüche mit, wie wir sie dann in den Sprüchen der griechischen Weisen irgendwie wieder nachgebildet finden. Aber es sind diese sieben Sprüche der sieben griechischen Weisen°¹ nicht die der ursprünglichen Mysterien. In den ursprünglichen Mysterien gab es für den Hochsommer den Spruch:
Empfange das Licht
und man bezeichnete mit dem Lichte eigentlich die geistige Weisheit. Man bezeichnete dasjenige, innerhalb dessen das eigene menschliche Ich strahlte.
Für den Herbst wurde der Spruch geprägt in den Mysterien, um zu ermahnen zu dem, was getrieben werden sollte von den Seelen:
Schaue um dich.
S.77
4b Und das war eben die Zeit, in der der Mensch entwickeln mußte, was sich in ihm ja ohnedies naturhaft zusammenschloß: das Verstandesmäßige, das Schlaue, das Listige, das auf das Nützliche Gerichtete. Das sollte der Mensch bezwingen durch die Besonnenheit. Es war die Zeit eben, in der der Mensch entwickeln mußte nun nicht den offenen Sinn für die Weisheit, den man von ihm im Sinne der alten Mysterienweisheit verlangte während der Zeit der Erleuchtung. Gerade in der Zeit, in der sich das Böse in der angedeuteten Weise offenbarte, konnte der Mensch den Widerstand gegen das Böse in der entsprechenden Weise empfinden: er sollte besonnen werden. Er sollte vor allen Dingen jetzt bei dieser Wendung, die er da durchmachte, während er von der Erleuchtung zum Erkennen übergegangen war, eben vom Geisterkennen zum Naturerkennen, jetzt übergehen vom Naturerkennen zur Anschauung des Bösen. So faßte man das auf. Und den Schülern der Mysterien, denen man Lehren geben wollte, die ihnen Geleitworte sein konnten, [...] ihnen sagte man im Tiefwinter:
Hüte dich vor dem Bösen.
4c Und man rechnete darauf, daß durch diese Besonnenheit, durch dieses Sich-Hüten vor dem Bösen die Menschen zu einer Art von Selbsterkenntnis kommen, die sie dann dazu führt, einzusehen, wie sie im Jahreslaufe abgewichen waren von den moralischen Impulsen.
S.79f
4d Dann nahte die Frühlingszeit. Heute hat sich die Sache etwas verschoben; die Frühlingszeit war damals mehr gegen den Winter zugeneigt. [...] so hatte man für die Zeit der Umkehr einen Spruch, der nur für diese Zeit dazumal als wirksam gedacht worden ist:
Erkenne dich selbst
gerade gegenübergestellt dem Erkennen der Natur.
S.81
°¹ Diese waren im delphischen Heiligtum eingeschrieben. Vgl. dazu O. Willmann «Geschichte des Idealismus», Bd. I, S. 245 ff.
Dornach, 8.Apr.1923 ☉ (aus «GA 223»)
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit114300199.htm