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Zitatensammlung
Teil 1
Zitat von Rudolf STEINER zum
BEGREIFEN GEISTIGER TATSACHEN
1 So zu innerem Erleben zu kommen, daß sich der Seele diese oder jene Tatsachen der geistigen Welt unmittelbar offenbaren, erfordert lange, entsagungsvolle, mühsame Seelenverrichtungen. Es wäre aber ein verhängnisvolles Vorurteil, wenn man glauben wollte, daß nur für denjenigen die seelischen Erlebnisse Früchte tragen können, der sie durch solche Seelenverrichtungen unmittelbar erlebt. Es verhält sich damit ganz anders. Wenn durch die entsprechenden Seelenverrichtungen die geistigen Tatsachen zur Offenbarung gekommen sind, dann sind sie für die Menschenseele gleichsam erobert. Teilt sie der Geistesforscher mit, nachdem er sie gefunden, dann können sie jedem Menschen einleuchten, der mit gesundem Wahrheitssinn und unbefangener Logik auf sie hinhört. Man sollte nicht glauben, daß nur ein hellsichtiges Bewußtsein eine begründete Überzeugung von den Tatsachen der geistigen Welt haben kann. Jede Seele ist darauf gestimmt, die Wahrheit des von dem Geistesforscher Gefundenen anzuerkennen. Will der Geistesforscher etwas behaupten, was unwahr ist, dann wird dies durch die Ablehnung des gesunden Wahrheitssinnes und der unbefangenen Logik immer festzustellen sein.
2 Das unmittelbare Erleben der geistigen Erkenntnisse erfordert komplizierte Seelenwege und Seelenverrichtungen; der Besitz solcher Erkenntnisse ist für jede Seele notwendig, welche ein volles Bewußtsein ihrer Menschlichkeit haben will. Und ohne ein solches Bewußtsein ist ein menschliches Leben von einem bestimmten Punkte des Daseins an nicht mehr möglich.
3 Wenn nun auch die Theosophie Erkenntnisse zu liefern vermag, welche den wichtigsten Bedürfnissen der Menschenseele Befriedigung gewähren, und welche durch den natürlichen Wahrheitssinn und durch die gesunde Logik anerkannt werden können: so wird doch immer eine gewisse Kluft bleiben zwischen ihr und der Anthropologie. Es wird zwar immer folgendes möglich sein. Man wird die Ergebnisse der Theosophie über die geistige Wesenheit des Menschen aufzeigen können und dann in der Lage sein, darauf hinzuweisen, wie die Anthropologie alles bestätigt, was die Theosophie sagt. Doch wird von dem einen zu dem anderen Erkenntnisgebiete ein weiter Weg sein.
4 Es ist aber möglich, die Kluft auszufüllen. In einer gewissen Beziehung soll dies hier durch die Skizzierung einer Anthroposophie geschehen. Wenn Anthropologie sich vergleichen läßt mit den Beobachtungen eines Wanderers, welcher in der Ebene von Ort zu Ort, von Haus zu Haus geht, um eine Vorstellung von dem Wesen eines Landstriches zu gewinnen; wenn Theosophie dem Überblick gleicht, den man von dem Gipfel einer Anhöhe über denselben Landstrich gewinnt: so soll Anthroposophie verglichen werden dem Anblick, den man haben kann von dem Abhange der Anhöhe, wo das Einzelne noch vor Augen steht, doch sich aber das Mannigfaltige schon zu einem Ganzen zusammenzuschließen beginnt.
5 Anthroposophie wird den Menschen betrachten, wie er sich vor die physische Beobachtung hinstellt. Doch wird sie die Beobachtung so pflegen, daß aus der physischen Tatsache der Hinweis auf einen geistigen Hintergrund gesucht wird. So kann Anthroposophie aus der Anthropologie in die Theosophie hinüberleiten.
aus «GA 45»; S.22ff
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit104500022.htm