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Zitatensammlung
Teil 1
Zitate von Rudolf STEINER zu
SEINEM STIL
1 Für Ihre weiteren Bemerkungen bin ich Ihnen sehr dankbar. In bezug auf den Stil hatte ich einen sehr schwierigen Standpunkt. Ich fürchte ohnedies gerade bei den Philosophen dadurch Anstoß zu erregen, daß ich versuche, in der Terminologie populärer zu sein und die philosophischen Wahrheiten in dem sinnlichen Auffassungsvermögen faßlicheren Bildern auszusprechen. Sätze wie mein: «Unser Denken ist der Dolmetsch, der die Gebärden der Erfahrung deutet» wird vielen in dem Buche, das Anspruch darauf macht, philosophisch ernst genommen zu werden, unerhört erscheinen.
an K.J.Schröer (Brunn am Gebirge, ?.Dez.1886)
aus «Briefe I»; S.142f
2a Es ist ja ganz gewiß vielfach eine Unart bloß, daß man die gebildete Umgangssprache, die aber auch nur eine Dialektsprache ist, die sich durch allerlei historische Verhältnisse eine gewisse Herrschaft erworben hat, für vornehmer hält. Das ist ja bei sehr vielen zugrunde liegend, daß man den Dialekt als nicht vornehm genug halt. Sehen Sie, ich selber, der ich Österreicher bin, ich habe da ja ganz besonders viel zu kämpfen gehabt, denn wir [Ost-]Österreicher sprechen immer syntaktisch und grammatikalisch richtig, wenn wir in unserem Dialekte sprechen; wir haben geradeso wie die schweizerische Sprache auch manche Abwandelungen, aber wir sprechen nie falsch, wenn wir im Dialekte sprechen. Nun war es gerade in meinem Schulzeitalter wirklich so recht Sitte, daß man in der Schule nicht mehr Dialekt sprechen durfte. Aber das hatte nur zur Folge, daß wir das lernten, was die berüchtigte österreichische Schulsprache ist. Es gibt in Österreich: Dialekte, eine gebildete Umgangssprache, eine Schriftsprache, aber außerdem noch die eigentliche Schulsprache, das Schulhochdeutsch. Das besteht darinnen, daß meist alle langen Vokale kurz und alle kurzen Vokale lang ausgesprochen werden. So daß wir, wenn wir im Dialekte reden, ganz richtig sagen: d'Sunn, und der Sun (der Su) - der Sohn, lang und kurz, ganz richtig. Kommen wir an die Hochschule, dann lernen wir unweigerlich zu sagen: die Sone und der Sonn und ähnliche Dinge mehr. Ich darf Ihnen sagen, daß ich wirklich lange Zeit gebraucht habe, um aus den Redegewohnheiten dieser österreichischen Schulsprache herauszukommen; manchmal werden Sie sie schon noch bemerken!
2b Also da zeigt sich in dem Falle - vielleicht war es später besser, aber in meiner Schulzeit war es so - so recht, daß man selbst ein ganz verdorbenes Surrogat von Sprache lieber mitnimmt, als die ordentliche Dialektsprache, die keine Fehler macht.
Basel, 4.Mai 1920 ♂ (aus «GA 301»; S.244)
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit103800142.htm