zum IMPRESSUM
Zitatensammlung
Teil 2
Zitat von Hans-Werner SCHROEDER zum
SCHAUEN der ENGEL
1 Warum sehen wir die Engel nicht, wenn es wahr ist, daß sie ständig um uns sind und uns begleiten? Diese Frage mag auftauchen, wenn wir so selbstverständlich von der »Wirklichkeit« der Engel sprechen: Warum haben wir keinen »Sinn«, keine Wahrnehmungsfähigkeit für diese Wirklichkeit?
2 Die Antwort auf diese Frage kann in zwei Richtungen gesucht werden. Schon in unserem menschlichen Erleben bleibt uns unwahrnehmbar und verschlossen, wofür wir uns mit der Seele nicht »aufschließen« können. Die Stille eines Waldes z.B. wird der nicht erleben können, der nicht selbst still wird; wer seine eigene Unruhe, seinen »Seelenlärm« nicht beiseite lassen kann, erfährt nichts von dem, was ihn doch real umgibt; er geht blind und taub daran vorbei.
3 So geht es uns mit den Wesen, die uns umgeben und deren Nähe vergleichbar ist der Stille des Waldes; sie leben aus dem »Atem der Ewigkeit«; aber kein Wunder, daß wir davon nichts wahrnehmen können, solange nicht in uns etwas von der Stille und Größe des Ewigen anwesend wird. Unsere eigene Unfähigkeit, uns zum Ewigen zu erheben und alles andere beiseite zu lassen, hindert uns, die ewigen Wesen wahrzunehmen.
4 Und umgekehrt: wenn es gelingt, etwas von der Ewigkeit in der Seele zu erfassen, so teilt sich auch der Seele die Gegenwart der geistigen Wesen wenigstens ahnend erlebbar mit.
5 Noch weiter führt uns ein Wort von Blaise Pascal:
»Menschen und menschliche Dinge
muß man kennen, um sie zu lieben.
Gott und göttliche Dinge
muß man lieben, um sie zu kennen.«
6 Es ist letztlich die Selbstbezogenheit, in der wir leben, das eigentliche tiefere Hindernis für die Wahrnehmung der Wesen, welche nicht in solcher Selbstbezogenheit gebunden sind. Denn diese Wesen können nicht eintauchen in ein Element, das aus Selbstbezogenheit lebt und ihnen deshalb fremd ist. So heißt es zu Recht in Goethes »Faust«: »Die Geisterwelt ist nicht verschlossen, dein Sinn ist zu, dein Herz ist tot ...«
*
7 Aber noch ein zweiter Gesichtspunkt soll zur Beantwortung der Frage: »Warum sehen wir die Engel nicht?« berührt werden. Rainer Maria Rilke hat - vielleicht durch wirkliche Erlebnisse - sagen können:
»Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel Ordnungen?
und gesetzt selbst, es nähme
einer mich plötzlich ans Herz: ich verginge von seinem stärkeren Dasein ...
... Ein jeder Engel ist schrecklich.«
8 Das »stärkere Dasein« des Engels muß dem Menschen verhüllt bleiben, solange er nicht - durch das Schicksal, durch das Todeserlebnis - vorbereitet ist, es wirklich zu ertragen. Alle echten Engelerlebnisse haben etwas Erschütterndes, den Menschen durch und durch Ergreifendes - dies ist geradezu das Kennzeichen für ihre Echtheit. Aber diese Wucht kann auch zerschmettern oder mindestens unfrei machen; und das darf sie nicht, soll der Sinn des Menschendaseins nicht in Frage gestellt werden. Das »stärkere Dasein« des Engels ist vor allem seine unerbittliche moralische Kraft - unerbittliche Wahrheit, restlose Forderung der Hingabe an den Geist, zusammen mit unendlicher Güte: Dies zu erfahren ist überwältigend. Dieses Erlebnis muß dem Menschen verhüllt bleiben, solange er nicht reif dafür ist, es in Freiheit zu ertragen.
9 So tritt zu dem ersten Gesichtspunkt: der Mensch ist nicht aufgeschlossen, nicht selbstlos genug für das Erleben der Geisteswelt, - der andere: Es ist gut, daß da etwas verhüllt bleibt, um der heranreifenden Freiheit des Menschen willen.
*
10 Diese Freiheit aber reift heute heran. Schon kündigen sich neue Erfahrungen der Engelwelt in der Menschheit an. Das übersinnliche Wahrnehmen beginnt sich wieder in einem höheren Bewußtsein zu entfalten, wenn auch erst für wenige Menschen. Doch auch im gewöhnlichen Bewußtsein und für alle Menschen sollen die Möglichkeiten wieder gefunden werden, die uns mit der höheren Welt verbinden; diese Möglichkeiten liegen heute in jedem Menschen, welcher die Kraft der Selbstbesinnung üben will; sie müssen gesucht und ergriffen werden, soll die Menschheit ihre Zukunftsaufgaben bewältigen, die nur aus Vertrauen auf die Wirklichkeit der geistigen Welt und das Erleben ihrer Wesen zu bewältigen sind.
aus «Mensch und Engel»; S.95ff
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit010770095.htm