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Zitatensammlung
Teil 2
Zitat von Carl Gustav JUNG zur
BEDEUTUNG des BEWUSSTSEINS
1 Hier [in den kenianischen Athi Plains im Herbst 1925] wurde mir die kosmische Bedeutung des Bewußtseins überwältigend klar. «Quod natura reliquit imperfectum, ars perficit» (was die Natur unvollständig läßt, vervollständigt die Kunst), heißt es in der Alchemie. Der Mensch, ich, gab der Welt in unsichtbarem Schöpferakt erst die Vollendung, das objektive Sein. Man hat diesen Akt dem Schöpfer allein zugeschrieben und nicht bedacht, daß wir damit Leben und Sein als eine auskalkulierte Maschine ansehen, die sinnlos, mitsamt der menschlichen Psyche, nach vorbekannten und -bestimmten Regeln weiterläuft. In einer solchen trostlosen Uhrwerkphantasie gibt es kein Drama von Mensch, Welt und Gott; keinen «neuen Tag», der zu «neuen Ufern» führt, sondern nur die Öde errechneter Abläufe. Mein alter Pueblo-Freund [ein Hopi-Indianer] kam mir in den Sinn: er glaubte, daß die raison d'être seiner Pueblos die Aufgabe sei, ihrem Vater, der Sonne, täglich über den Himmel zu helfen. Ich hatte sie um dieser Sinnerfülltheit willen beneidet und mich ohne Hoffnung nach unserem eigenen Mythus umgeschaut. Jetzt wußte ich ihn und dazu noch mehr: der Mensch ist unerläßlich zur Vollendung der Schöpfung, ja er ist der zweite Weltschöpfer selber, welcher der Welt erst das objektive Sein gibt, ohne das sie ungehört, ungesehen, lautlos fressend, gebärend, sterbend, köpfenickend durch Hunderte von Jahrmillionen in der tiefsten Nacht des Nicht-Seins zu einem unbestimmten Ende hin ablaufen würde. Menschliches Bewußtsein erst hat objektives Sein und den Sinn geschaffen, und dadurch hat der Mensch seine im großen Seinsprozeß unerläßliche Stellung gefunden.
aus «Erinnerungen, Träume, Gedanken»; S.259f
2 Zum Begriff BEWUSSTSEIN
Die griechische Antike verstand unter συναίσϑησις (synaísthesis) die Mitwahrnehmung und unter συνείδησις (syneídesis ~ Mitbilden) das Mitwissen ebenso wie die römische unter conscire. Das daraus geprägte conscientia bedeutete „Gewissen”.
René Descartes hat um 1640 den Terminus conscientia (frz. conscience) in die Philosophie eingeführt, um die zweifache Erfahrbarkeit des Geistes auszudrücken, nämlich die als perceptio (Verstandeswirksamkeit) und die als volitio (Willenswirksamkeit).
Diesen Begriff hat Christian Wolff 1720 mit dem Wort Bewusstsein ins Deutsche übertragen. Das dafür verwendete, viel früher bereits gebräuchliche Wort bewusst geht auf das mittelhochdeutsche bewissen zurück, welches „genau kennen” meinte, reflexiv auch „sich auskennen”, woraus „wissen” wurde. Mittelhochdeutsch giwizzani hingegen entsprach dem altlateinischen conscientia.
Der heutige Begriff Bewusstsein ist mehrdeutig je nachdem, von wem er wie angewandt wird. In den Naturwissenschaften definiert man damit einen mentalen oder häufiger, physikalistisch, neuronalen Zustand, bei dem viele verschiedene, empirisch beschreibbare Phänomene auftauchen.
Zum Beispiel charakterisiert die integrierte Informationstheorie (nach Tononi 2004) bewusstes Erleben als
a. real und intrinsisch (für sich) existierend,
b. strukturiert und differenzierbar,
c. als solches einzigartig,
d. in sich einheitlich und
e. räumlich wie zeitlich begrenzt und nicht in allen Einzelheiten wahrnehmbar.
Die Geisteswissenschaft unterscheidet mehrere Bewusstseinsstufen oder -zustände, nämlich
a. Tiefschlafbewusstsein (mineralisch leblos),
b. Schlafbewusstsein (pflanzlich vegetativ),
c. Traumbewusstsein (tierisch gruppenseelisch),
d. Wachbewusstsein (menschlich individuell) und
e. Überbewusstsein in sich steigernden Spielarten (darunter Imagination, Inspiration und Intuition).
vgl. „Armes Bewusstsein” in »die Drei« 4/2018; S.45ff
und »Spektrum der Wissenschaft« 8.2021; S.80
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit004210259.htm