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Zitatensammlung
Teil 3: Lexikon
Kybele
Kybéle Κυβέλη (auch Kybebe; lat. Cybele), eine Magna Mater, die als Herrscherin über Natur und Fruchtbarkeit verehrt wurde, entstand nach einem phrygischen Mythos (in Pausanias 7,17,10-12) als Πάπας (Pápas) den Stein Ἄγδος (Ágdos) geschwängert hatte, welcher das hermaphroditische Ungeheuer Ἀγδίτις (Agdítis) gebar, das von der Göttern kastriert wurde, sodass Kybele übrigblieb. Usprünglich vermutlich eine Berggöttin mit dienstbaren Zwergen, erhielt sie sie den Beinamen Idæa Mater (nach dem Ida-Gebirge). Als sich ihr Kult über die Ägäis ausbreitete, wurde sie den griechischen Muttergöttinnen Démeter und Ῥεία (Rheía) angeglichen. 205/204v wurde ihr heiliger schwarzer Stein von Pessinus in Phrygien nach Rom gebracht. Ihre Priester waren Eunuchen, sogenannte Galloí. Mit ihrem Kult war der ihres Geliebten Ἄττις (Áttis) verbunden. In ihren Mysterien erhofften sich die Gläubigen eine Wiedergeburt.
ABGEBILDET wird sie mit Löwen und Panthern, die ihren Wagen ziehen, begleitet von ekstatisch tanzenden Korybanten.
Ihre ATTRIBUTE sind Granatapfel und Spiegel, manchmal ein Schlüssel. Als Beschützerin der Städte kann sie auch eine Mauerkrone tragen.
nach «Lexikon der Götter und Dämonen»
und «Geschichte der religiösen Ideen Bd.1»; S.142
Kybele Von all den Großen Müttern des antiken Nahen Osten ist Kybele diejenige, deren Mythos und Kult am klarsten überliefert ist, denn ihr Kult bewahrte sich in Rom noch Jahrhunderte in die christliche Zeit hinein. Der Kult dieser in den Bergen wohnenden Göttin von heiliger Verrücktheit hatte seinen Ursprung in Phrygien, dem nördlichen Mittelmeergebiet und mit ihm ihre bildliche Darstellung als Magna Mater, eine vollbrüstige reife Frau, gekrönt und Mais und Schlüssel tragend, gekleidet in ein Gewand, das alle Blumenfarben der Erde enthielt.
Folgende Geschichte wird von ihr erzählt: Eines Tages schlief Kybele in Gestalt des Felsens Agodos. Da kam Zeus über sie und versuchte sie zu vergewaltigen. Es gelang ihm nicht, in sie einzudringen, aber von der Auseinandersetzung wurde er so erregt, daß er sich auf den Boden ergoß. Aber auch der Boden war ein Teil von Kybele, der Erdenmutter, und so empfing sie ein Kind.
Die Frucht dieser unerfreulichen Beziehung war der Hermaphrodit Agdistis, ein Kind, das so gewalttätig war wie die Art und Weise seiner Empfängnis. Der Weingott Dyonisos betäubte ihn mit Alkohol und band seine Geschlechtsteile an einen Baum, so daß er sie sich beim Aufwachen abriß und an der Verletzung starb. Seinem Blut entsprang ein wundervoller Mandelbaum.
Von diesem Baum pflückte die Nymphe → Nana eine liebliche Frucht, bewahrte sie nahe an ihrer Haut auf und wurde von ihr geschwängert. Den Sohn, den sie gebar, nannte sie Attis. Zu einem schönen Jüngling herangewachsen, erregte er die Leidenschaft Kybeles. Sie machte ihn zu ihrem Geliebten, trug ihn durch die Welt in ihrem von Löwen gezogenen Wagen und liebkoste ihn mit ekstatischen Umarmungen. Das war Attis jedoch nicht genug, und er wandte seine Aufmerksamkeit törichterweise anderen Frauen zu. Da seine Großmutter/Geliebte die Erde selbst war, konnte Attis nirgends seinen Treuebruch begehen, ohne daß Kybele davon erfuhr. Dennoch versuchte er es. Kybele überraschte ihn natürlich dabei und trieb ihn zur Strafe in den Wahnsinn. Gepeinigt von Reue riß sich Attis seine Geschlechtsteile, die Quelle seiner haltlosen Begierde, aus und verblutete unter einer Pinie.
Die meisten Mytheninterpreten erkennen in dieser Sage die Darstellung der kurzen Wachstumsperiode, die blütenreich über das Antlitz der beständigen Erde eilt. In der Tat konzentrierten sich die kybelischen Zeremonien auf den Frühling. In Rom begannen sie mit dem triumphalen Einzug des jungen Attis - symbolisiert durch eine Pinie - in die Stadt. Dann folgte ein Tag der Trauer und des Fastens wegen seines Todes. Schließlich feierte man mit einem oster-ähnlichen «Fest der Freude» die Ankunft der neuen Wachstumsphase. Dieser fröhliche Schluß ist insofern bemerkenswert, als nichts von einer Wiedergeburt von Attis erwähnt wird, obwohl in ähnlichen Mythen (→ Ishtar, → Isis) der junge Geliebte wiedergeboren oder auferweckt wird, um von neuem für Mutter Erdes Umarmungen bereit zu sein.
Der Kult der Kybele, die in ihrem Heimatland «Bergmutter» genannt wurde, gelangte 240 v.Chr. nach Rom. Zu dieser Zeit war die Stadt von Hannibal bedroht, und das Studium der Sibyllischen Bücher (→ Sibylle) ergab, daß die Karthager nur besiegt werden würden, wenn der schwarze Stein Kybeles in die Hauptstadt gebracht würde. Dieser Stein, offensichtlich ein Meteorit, der vor den Augen erstaunter Zeugen zur Erde gefallen war, wurde in Kleinasien als der Fels verehrt, den Zeus zu vergewaltigen versucht hatte. Fünf angesehene Römer machten den augenfällig geformten Stein rechtzeitig ausfindig und brachten ihn mit großem Zeremoniell in den Tempel der → Victoria. Dreizehn Jahre später soll Kybele die Niederlage der Karthager bewirkt haben.
Das Ritual, das zusammen mit dem Stein in Rom auftauchte, war indessen von Anfang an umstritten und zeitweise sogar verboten. Dabei ging es um die Selbstkastration von Kybeles Priestern als Akt der Identifikation mit Attis, dem Geliebten der Göttin. Begleitet von wilder Musik und hämmernden Zimbeln ließ sich der Neuaufgenommene von mystischer Leidenschaft hinreißen und nahm, was immer er zur Hand hatte, um die Tat auszuführen. (Ovid hat es folgendermaßen beschrieben: «Des Attis weibische Diener schneiden sich ihre anstößigen Körperteile ab, während sie ihre Mähne schütteln.») Nachdem sie Eunuchen geworden waren, legten die Initiierten aufwendig gefertigte Kleidung an und dienten der Göttin mit Musik und Tanz. All dies erfüllte die sich ihrer Männlichkeit sehr bewußten Römer mit Abscheu.
Aber die Bürger konnten an den Mysterien der Göttin auch teilnehmen, ohne einen derartig ekstatischen Gewaltakt an sich selbst zu vollziehen. Einmal im Leben - oder, wenn man reich war, alle zwanzig Jahre - konnte ein Anhänger von Kybele geistig «wiedergeboren» werden. Beim Taurobolium stand man in einer Erdgrube unter einem Ochsen. Das Tier wurde geschlachtet und tränkte den Gläubigen mit seinem Blut. Blutig wie ein Neugeborenes tauchte dann der Geläuterte aus dem Erdenschoß wieder auf, gestärkt in seiner Hingabe an die Bergmutter Kybele.
Siehe auch → Atargatis, → Frigg, → Rheia.
aus «Lexikon der Göttinnen»; S.160ff
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWlex004130233a.htm