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Merkblatt 20:
Von Erleuchtung und Einweihung
ERLEUCHTUNG (satori, ho photismós, illuminatio) tritt nach einer entsprechenden Vorbereitung ein, welche im Sinne des anthroposophischen Schulungsweges bewusst geschieht (an sich kann sie auch halb- oder unbewusst geschehen). Sie „geht von sehr einfachen Vorgängen aus. Auch dabei handelt es sich darum, gewisse Gefühle und Gedanken zu entwickeln, die in jedem Menschen schlummern und die erwachen müssen. Nur wer mit voller Geduld, streng und anhaltend die einfachen Vorgänge durchnimmt, den können sie zur Wahrnehmung der inneren Lichterscheinungen führen.” (S.53) Es bilden sich „Geistesaugen”. „Man lernt mit ihnen allmählich etwas wie seelische und geistige Farben zu sehen” (S.54) Bei manchen Menschen können stattdessen Tonwahrnehmungen auftreten. Meistens wird die Erleuchtung plötzlich erlebt, da sie leise anhebt und zunächst nicht bemerkt wird.
Man muss weder eingeweiht sein, um erleuchtet zu werden, noch erleuchtet, um eingeweiht.¹
Unter EINWEIHUNG (he hieropháneia, initiatio) versteht man das Erreichen einer höheren Entwicklungsstufe. Demnach gibt es verschiedene Grade der Einweihung; so kannte man etwa in der Antike den „Raben”, den „Schwan” oder den „Sonnenhelden”, im Mittelalter den „Gottesfreund” oder den „Adepten”, später die Freimaurergrade und ähnliches mehr.² Schrittweise ermöglicht sie den Umgang mit übersinnlichen Erfahrungen, wobei auf der jeweiligen Entwicklungsstufe des einzuweihenden Menschen begonnen wird. „In einem Ersatz für künftige Erfahrungen bestehen daher die ersten Unterweisungen des Einweihungskandidaten: Es sind das die sogenannten ,Proben', die er durchzumachen hat und die sich als regelmässige Folge des Seelenlebens ergeben, wenn die Übungen, [...] richtig fortgesetzt werden.” (S.75f) Diese Proben lassen sich auch als Einweihungsschritte³ verstehen.
Die fortwährende Grunderfahrung des Inkarnierens könnte man als Erdenprobe bezeichnen. Jedes Menschenkind macht sie mehr oder weniger bewusst von der Geburt bis zum Tod durch, indem es sich im Gehen, Sprechen und Denken übt - das Leben weiht jedes ihm gemässen Grades „in die Erde” ein.
Die Feuerprobe gilt dem Selbstvertrauen. „In der Regel ist der Vorgang so, dass der Einzuweihende erkennen lernt, wie sich die Naturdinge und Lebewesen für das geistige Ohr und geistige Auge kundgeben. ... Dem sinnlichen Auge und dem sinnlichen Ohre verbergen sich die Eigenschaften, die man da hört und sieht. Sie sind für dieses sinnliche Anschauen wie mit einem Schleier verhüllt. Dass dieser Schleier für den Einzuweihenden wegfällt, beruht auf einem Vorgang, den man als ,geistigen Verbrennungsprozess' bezeichnet.” (S.76f)
Die Wasserprobe gilt der Selbstbeherrschung. „Wasserprobe” wird sie aus dem Grund genannt, „weil bei der Tätigkeit in diesen höheren Gebieten dem Menschen die Stütze durch die äusseren Verhältnisse so fehlt, wie beim Bewegen im Wasser, dessen Grund man nicht erreicht, die Stütze fehlt.” (S.82)
Die Luftprobe gilt der Geistesgegenwart. „Luftprobe” heisst sie deshalb, „weil der Kandidat bei ihr sich weder auf den festen Boden der äusseren Veranlassungen stützen kann, noch auf dasjenige, was sich aus den Farben, Formen und so weiter ergibt, die er durch Vorbereitung und Erleuchtung kennengelernt hat, sondern ausschliesslich auf sich selbst.” (S.87) Kurz gesagt: wann immer der Mensch aus Freiheit handelt, besteht er die Luftprobe.
Zitate von Rudolf Steiner
aus «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?»
Unsere Anmerkungen
1 vgl. R.SCHMIDT: Erleuchtung u. Einweihung
2 Eine äusserliche Entfaltung dessen findet sich in den gesellschaftlichen Rangordnungen.
3 Schritte, die nicht streng nacheinander erfolgen, sondern abwechselnd und vor allem wiederholt auf höherer Stufe vorgenommen werden können
https://wfgw.diemorgengab.at/WfGWmbl20.htm